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Zeitgenössische Fotografien

"Machtübernahme" - 30. Januar 1933

Rathaus 1933

Radolfzell Rathaus 30. Januar 1933 1

Radolfzell Rathaus 30.januar 1933 Sa

Bevölkerung und SA am beflaggten Rathaus, 30. Januar 1933. Amtssitz von Bürgermeister Otto Blesch (1876–1951), der dieses Amt seit 1911 ausübte. Mit seinem Eintritt in die NSDAP am 1. Mai 1933 versuchte das ehemalige Mitglied der „Deutschen Demokratischen Partei“ (DDP), sich auch unter den neuen Machthabern zu halten. Fotografien: Liedl-Archiv, Radolfzell; StAR.

"Radolfzell empfängt die SS", 31. Juli 1937

III SS VT Germania 31. Juli 1937   Einmarsch Radolfzell Hindenburgplatz  

SS-Sturmbannführer Heinrich Koeppen zu Pferd, links, Ankunft auf dem Hindenburgplatz (Marktplatz). Fotografie: Paul Moriell, Archiv G. Moriell.

 

2. Marktplatz 1937  

Hindenburgplatz (Marktplatz) Radolfzell, 31. Juli 1937. Einzug der III./SS-Standarte Germania. Sturmbannführer Heinrich Koeppen (rechts vorn mit Helm) wird von Wehrmachts-Generalmajor E. von Groeneveld salutiert. Fotografie: BArch-MA, N 756/330b.

Ss Germania Radolfzell 31.7.1937  
Das Musikkorps des III./SS-VT „Germania“ unter SS-Obersturmführer Max Pausch, Radolfzell, 31.7.1937. Fotografie: Otto Reichardt. Privatbesitz.

3. Empfang Am Rathaus  

Empfang am Rathaus. Erste Reihe, 6. v. links: Bürgermeister Josef Jöhle (in Parteiuniform und mit Amtskette), rechts daneben: Landeskommissär Gustav Wöhrle (in Zivil), SS-Oberführer Walter Stein (schwarze SS-Uniform), Landrat Carl Engelhardt (abgewandt), n.n. (SS-Angehöriger), Egon von Groeneveld (im Mantel der Wehrmachtsuniform), SA-Standartenführer und Polizeimajor Cäsar Graf v. Beroldingen u.a. Fotografie: Vmtl. Paul Moriell oder Gotthard Liedl, StAR.

Empfang Am Rathaus   Ausschnitt   1937  

SS Germania   Einzug In Radolfzell 1937 Entourage   Walter Stein   Wöhrle U.a.Hindenburgplatz   

„Deutscher Gruß“ der Repräsentanten aus NSDAP, SA, SS, Wehrmacht und Kommunalverwaltung, u.a. Landeskommissär Gustav Wöhrle  und SS-Oberführer Walter Stein. Fotografie: StAR und Fotoarchiv Markus Wolter

Begrüßung Josef Jöhle 1937  
Begrüßung der SS-VT durch Bürgermeister Josef Jöhle; linke Seite: SA-Angehörige; rechts: SS-VT; Mitte: Landeskommissär Gustav Wöhrle; von hinten links, mit Degen: SS-Sturmbannführer Koeppen; auf dem Podest neben dem Rathaus: Bürgermeister Josef Jöhle (mit Amtskette). Blick vom Marktplatz in die Kaufhausstraße. Fotografie: Paul Moriell. Archiv G. Moriell.

Zusammenstellung und Untertitelung:© Markus Wolter, 2020.

NSV-Kindergarten und Volksschule

St. Antonius Kindergarten Radolfzell Mit Hk Fahne Nsv Kindergarten
Das „St. Antoniushaus“ mit Hakenkreuzfahne und NSV-Runen-Schild („Kindergarten der NSV“) an der Hausfassade, R. Walther-Darréstr. 23 (vormals Schwertstraße). Fotografie um 1940, Privatbesitz Wolter. Fotoarchiv Markus Wolter

Das noch kurz vor der NS-„Machtübernahme“, am 29.1.1933 als Kindergarten und Krankenpflegeanstalt eingeweihte „St. Antoniushaus“ war neben dem Kindergarten St. Josef in der Fürstenbergstr. 2 die zweite Vorschuleinrichtung des katholischen Frauenvereins Radolfzell. Nach Verbot des Frauenvereins 1937 wurde das Eigentum dem Deutschen Roten Kreuz, Badischer Frauenverein - Zweigverein Radolfzell übertragen und die beiden Einrichtungen wurden laut Adressbuch 1938 als NSV-Kindergarten und Krankenpflegeanstalt von der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) mit NSV-Schwestern geführt. NSV-Ortsamtsleiter war der „Alte Kämpfer“ (NSDAP-Eintritt 1931) und Uniformträger Adolf Bonauer, seit 1934 auch Rektor der Radolfzeller Volksschule. 1944 erfolgte schließlich die Vermögensübertragung an die NSV.

Tegginger Schule Flaggenhissung
Das NS-Ritual der Flaggenhissung auf dem Schulhof der Volksschule Radolfzell. Fotografie o.D., Stadtarchiv Radolfzell.

Kollegium Volksschule Radolfzell 1934
Das „gleichgeschaltete“ Kollegium der Radolfzeller Volksschule, 1934. In der Mitte, in der Uniform eines Politischen Leiters der NSDAP, der seit November 1933 als (zunächst kommissarischer) Rektor amtierende „Alte Kämpfer“ Adolf Bonauer (1886-1965). Fotografie: Urheber unbekannt, StAR.

Aus einer dienstlichen Beurteilung Bonauers durch das Kreischulamt Konstanz, 25.10.1937: „Mit Beziehung auf die am 27./28./30. 9. und 1.10. 1937 an der dortigen Schule vorgenommenen Schulbesuche spreche ich Ihnen meine besondere Anerkennung aus für die umsichtige, zielbewusste, ausgleichende und deutsche Leitung(!) der Grund- und Hauptschule Radolfzell. (…). Die Erziehung zu Volk und Staat ist überall erreicht.“ 14)''

Die RAD-Lager Wahlwies und Grasbeuren bei Salem

RAD 2 267   Wahlwies 1936   AK  

 

RAD Lager Salem Grasbeuren AK    

Reichsarbeitsdienst-Lager, Abt. 2/267, Wahlwies (oben) und Abt. 1/267, Grasbeuren. Zeitgenössische Ansichtskarten, um 1935. Sammlung Markus Wolter

In der SS-Garnisonsstadt kommt es nach 1937 zu zahlreichen Eheschließungen und Familiengründungen von SS-Angehörigen und Radolfzeller Frauen. Außerdem gab es seit 1939 Verbindungen von Radolfzeller SS-Angehörigen mit Arbeitsmaiden im RAD-Lager in Wahlwies. Mit den Arbeitsmaiden im RAD-Lager Grasbeuren bei Salem soll es laut Erich Kuby 1941 zweimal von der SS organisierte Zusammenkünfte gegeben haben, die helfen sollten, "das schwere Nachwuchsproblem" zu lösen.1

 

"bystanders" - Fotografien von den Rändern (30. Juni 1939)

 

  Deutscher Gruß   Radolfzell   Richtung Rathaus Und Hotel Sonne Post O.D.   Um 1935  

„Volksgenossen“, Marktplatz, o.D. Fotografie: Paul Moriell, Archiv G. Moriell.

Fotografen, berufsmäßige wie auch zahlreiche Privatpersonen und „Hobbyfotografen“, haben das Zeitgeschehen zwischen 1933 und 1945 in Radolfzell dokumentiert. Die Bildüberlieferung ist in Teilen umfassend (Liedl-Archiv, Sutter-Archiv), in Teilen bedauerlich lückenhaft und dezimiert und verdankt sich nicht selten dem Zufall, der die Negativstreifen oder Alben aus privaten Nachlässen, in Kellern oder auf Speichern auftauchen ließ.

Wer Fotografien aufmerksam betrachtet, kennt die Erfahrung: der Blick lässt sich nicht nur auf das zentrale, vom Fotografen intendierte „Motiv“ fokussieren oder auf dieses begrenzen. Oft erst auf den zweiten Blick wird das abschweifende Auge auf ein wie zufällig und unbewusst das Bild und seine Wahrnehmung bestimmendes „punctum“ (Roland Barthes) gelenkt. Oft sind es die peripheren, scheinbar leeren, blinden oder „unscharfen“, vom Fotografen selbst „übersehenen“ Bildbereiche, die Nebenaspekte, ein Gegenstand, eine Person in der Menge, ein einzelnes Gesicht, denen die Aufmerksamkeit gilt.

Bystanders 2

„perpetrators, victims, bystanders“ (Raul Hilberg)
Nachfolgende Bild-Ausschnitte sind das Ergebnis einer solchen „punktuellen“ Erfahrung und blenden aus, was der Fotograf auf 33 Kleinbildfotografien „eigentlich“ zeigen wollte: einen Aufmarsch der SS, die Rückkehr des III.SS-Germania nach Radolfzell am 30. Juni 1939. Das SS-Bataillon war drei Monate in der okkupierten Tschechoslowakei „in schwierigem Einsatz“ gewesen, wie SS-Obersturmbannführer Heinrich Koeppen verlauten ließ. Von Prag aus hatte er den Radolfzeller Bürgermeister wissen lassen, wie er sich die offizielle Begrüßung der Truppe in Radolfzell vorstelle, die Art der Beflaggung, die Aufmarschstraßen, die Zusammensetzung der Spaliere aus HJ und BDM, Vertreter der Stadtverwaltung, Repräsentanten aus NSDAP und SS.

30.6.1939   Bystanders 11  

Die Bild-Ausschnitte gelten den vermeintlich „Unbeteiligten“ an den Rändern der Fotografien und des Geschehens, den Zuschauern (bystanders). Diese fanden sich an jenem schönen Sommertag offenbar auch ohne Anordnung und Befehl zahlreich ein: an den Straßenrändern der Adolf-Hitler- und Teggingerstaße, auf dem Marktplatz, in den Fensterstöcken der Häuser und neben den Fahnen. Männer, Frauen - und Kinder; „normale“ Bürgerinnen und Bürger, die Menschen von Radolfzell, möchte man meinen.

 

 


© Markus Wolter, 2017. Fotografien: Josef Glatt, Privatbesitz. Digitalisate des Kleinbild-Negativfilms: Fotoarchiv Markus Wolter.

Einzelnachweise

1 Vgl.: Erich Kuby: Mein Krieg. Aufzeichnungen aus 2129 Tagen, München, Nymphenburger Verlagshandlung 1975, S. 324 f.: "