Radolfzell ist eine Kleinstadt am Bodensee. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde hier eine Kaserne für die Waffen-SS erbaut und 1937 bezogen. Von ihr gingen in folgenden Jahren Verbrechen aus - bis weit über die Region hinaus.
Die Radolfzeller SS sprengte in der Region Synagogen, deportierte Jüdinnen und Juden in Konzentrationslager, war am 'Anschluß' von Österreich, der Besetzung der Sudetendeutschen Gebiete, der Zerschlagung der Tschechoslowakei und dem Überfall auf Polen beteiligt.
In der Radolfzeller Kaserne war von 1941 bis 1945 ein Außenkommando2 des KZ Dachau integriert.3
Beinahe 65 Jahre lang wurde darüber weitgehend geschwiegen. Erst in den letzten Jahren änderte sich das. Mittlerweile ist das Thema Stadtgespräch. Im Jahr 2010 wurde ein Theaterstück geschrieben, ein Dokumentarfilm gedreht und in der Presse breit darüber berichtet.
Mehr zur historischen Aufarbeitung der NS-Zeit und dem Gedenken in Radolfzell findet sich in der Chronologie.
Dokument des Monats
"Die Zeit steht nicht still" - Die "Gleichschaltung" des enzyklopädischen Wissens 1928-1935
Beilageblatt zum Ergänzungband (21, 1935) des "Großen Brockhaus", Handbuch des Wissens in zwanzig Bänden. Fünfzehnte, völlig neubearbeitete Auflage von Brockhaus' Konversations-Lexikon, Leipzig, F.A. Brockhaus 1928-1935. Sammlung Markus Wolter.
Die ersten, nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten erschienenen Bände dieser 15. Auflage waren Band 14 (Anfang 1933) und 15 und 16 (zweite Jahreshälfte 1933). Die Brockhaus-Redaktion wehrte sich zwar zunächst gegen NS-weltanschauliche Einflüsse, doch sind diese bereits in den Bänden 15 (Pos–Rob) und 16 (Roc–Schq) mehr oder weniger deutlich zu erkennen; stärker in den beiden letzten, 1934 und 1935 erschienenen Bänden des Grundwerks (Tou-Wam und Wan-Zz).
Der im Herbst 1935 erschienene Ergänzungsband (Band 21) sorgte schließlich für die NS-konformen "Ergänzungen" und "Bearbeitungen" der bisherigen Lexikonartikel. Ausführlich werden die neu geschaffenen Strukturen und Institutionen des NS-Staates und der NSDAP als alleinherrschender Partei beschrieben, ebenso die nationalsozialistische Ideologie und ihre Exponenten. Die im Ergebnis des NSDAP-Reichsparteitags von 1935 erlassenen sog. Nürnberger Gesetze zur Diskriminierung der jüdischen Bevölkerung finden ihren Niederschlag bei einer Vielzahl von Stichwörtern (z. B. "Arierparagraph", „Juden“, "Rassenhygiene"). Vgl.: Wikipedia.
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