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NS-Kriegerdenkmal

Auf dem Luisenplatz (1933-1945: Horst-Wessel-Platz) befindet sich das in der NS-Zeit entstandene „Ehrenmal für die Gefallenen des Weltkriegs“1 Die ursprüngliche Sockelinschrift des nationalsozialistischer Ästhetik und Ideologie verpflichteten Denkmals lautete bis 1958: „Die Stadt Radolfzell ihren im Weltkriege 1914-1918 gefallenen Helden“.

An diesem Ort fanden - nach der Errichtung und „Weihe“ durch die Nationalsozialisten im Jahr 1938 - jährliche Heldengedenkfeiern statt.

Selbst nach Ende des Zweiten Weltkriegs und bis in die 70er Jahre hinein veranstalteten am nur marginal veränderten „Kriegerdenkmal“ ehemalige SS-Angehörige und HIAG-Mitglieder ihre öffentlichen Kundgebungen, bei denen sie ihre Kameraden der Waffen-SS ehrten.

An Volkstrauertagen gedachte und gedenkt Radolfzell hier - seit 2011 mit der neu angebrachten Textzeile über den Namenstafeln - der „Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft und der Toten aller Kriege“, dabei freilich unterschlagend, dass sich zahlreiche Täter aus den Reihen der Waffen-SS unter den genannten „Opfern“ befinden.

Im Jahr 2001 wurde seitens der Stadt eine transparente Textstele angebracht, die den nationalsozialistischen Hintergrund des Kriegerdenkmals ins Gedächtnis rief, jedoch ohne dessen martialische und den Platz dominierende Wirkung zu beeinträchtigen.

Der Radolfzeller Lehrer und Filmemacher Günter Köhler drehte im Jahr 1999 den kritischen Dokumentarfilm „Krieger-Denk-mal!“.

Im Jahr 2009 gelang es Radolfzeller Jugendlichen mit einer Kranzniederlegung an diesem Ort erstmalig während eines Volkstrauertages den Bezug zum KZ-Außenkommando Radolfzell herzustellen, was eine erhebliche Dynamik in die Debatte brachte.

Am 1. August 2014, dem 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkriegs, wurden anlässlich einer Gedenkstunde mit Vertretern der Stadtverwaltung und des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge fünf neu installierte Glas-Texttafeln zur Entstehungsgeschichte des Kriegerdenkmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Texte wurden von den Mitgliedern der städtischen Projektgruppe „Erinnerungskultur“ verfasst (Achim Fenner, Norbert Lumbe, Christof Stadler und Markus Wolter), die gestalterische Umsetzung erfolgte durch den Radolfzeller Künstler Markus Daum. Eine „künstlerische Umgestaltung“ zu einem „Platz des Friedens“ war für 2015 geplant. Nach Kritik aus der Bürgerschaft und Ablehnung eines umstrittenen Skulpturenentwurfs von Markus Daum, der die Installation von mehreren „Friedenstauben“ vorsah, beschloss der Kulturausschuss des Gemeinderates 2016 auf eine weitere, bzw. grundlegende Umgestaltung des Platzes und des „Kriegerdenkmals“ zu verzichten. 2017/2018 wurde das Thema einer Platzumgestaltung erneut zum Gegenstand von Kulturausschuss- und Gemeinderatssitzungen.

Die kommentierenden Texttafeln 2014

Zum Hintergrund und Stand der aktuellen Entwicklungen in Sachen Erinnerungskultur und Gedenkpolitik auf dem Luisenplatz:

Karlheinz Hug: NS-Kriegsdenkmal in Radolfzell und anderswo

"Friedensfeste" am "Kriegerdenkmal"

Seit 2017 (ausgefallen 2019 (Regen),  2020 und 2021 wegen Corona) finden am "Kriegerdenkmal" jeweils am 8. Mai - dem Jahrestag, an dem der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht 1945 und damit des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa und der Befreiung vom Nationalsozialismus gedacht wird - "Friedensfeste" statt, die von der Stadtverwaltung unter Beteiligung von zivilgesellschaftlichen Organisationen und einem Bürgerbündnis organisiert werden; . Wiederholt wurde sowohl am inhaltlichen Konzept  wie auch am Austragungsort dieser Veranstaltungen Kritik laut;  zuletzt am 8. Mai 2022 und im Kontext des aktuellen russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Eine angekündigte, von der FGL-Gemeinderatsfraktion mit Siegfried Lehmann initiierte Verhüllung der kriegsverherrlichenden Soldatenskulptur durch ein schwarzes Tuch wurde während des "Friedensfestes" 2022 aus nicht näher genannten Gründen durch das Ordnungsamt unterbunden.2 3

 

Errichtung und nationalsozialistischer Kontext

 

Ehrenmal  

Ehrenmal Radolfzell 1938    

Kriegerdenkmal Radolfzell   AK 1940
NS-Ehrenmal 1938, mit auffälliger Palmen-Bepflanzung links des Treppenaufgangs.4 Zeitgenössische Ansichtskarten, gelaufen 1940. Sammlung Markus Wolter.

Das vom Konstanzer Bildhauer Paul Diesch nach einem Entwurf von Wilhelm Kollmar (Karlsruhe) geschaffene „Ehrenmal“ wurde vom ersten Kommandaten der Radolfzeller SS-Kaserne, SS-Obersturmbannführer Heinrich Koeppen, am 22. Mai 1938 geweiht.5


Einweihung   NS Ehrenmal 1938   Fotografie Paul Moriell  
Angehörige des BDM mit "Deutschem Gruß", Horst-Wessel-Platz, 22. Mai 1938. Fotografie: Paul Moriell.

 

Ehrenmal Weihe 1938 1   

 

 

Ehrenmal Weihe 2  
Bericht über die "Ehrenmal"-Weihe in der "Badischen Kriegerzeitung" des NS-Reichskriegerbundes, Nr. 23, 12. Juni 1938.

Ehrenmal 1938  

Zeitgenössische Bildkarte, 1938, Franckh-Verlag, Stuttgart. Sammlung Markus Wolter.

"Die Stadt Radolfzell / ihren im Weltkriege / 1914-1918 / gefallenen Helden"

„Heldengedenktag“ am Luisenplatz

Stubaf. Thomas Müller   Heldengendenktag III 1942  

Thomas Müller   Heldengedenktag März 1942  
Kommandeur der Waffen-SS-Unterführerschule Radolfzell (USR), SS-Sturmbannführer Thomas Müller; Ansprache und Kranzniederlegung an den Namenstafeln der „gefallenen Helden“ 1914/18, Heldengedenktag, März 1942. BA, Militärarchiv Freiburg.

Ehrenkompanie Gruber

Ehrenkompanie der USR, Kompanieführer SS-Hauptsturmführer Rudolf Gruber, Horst-Wessel-Platz, Heldengedenktag 1942. Im Hintergrund die "Mettnau-Oberschule". Quelle: BA, Militärarchiv Freiburg.


Mettnau Oberschule Radolfzell   AK Um 1938

Die ehemalige Realschule am Luisenplatz, seit 1937 „Mettnau-Oberschule“, das spätere Progymnasium und Gymnasium von Radolfzell. Zeitgenössische Ansichtskarte. Sammlung Markus Wolter
 

"Vollständig zu zerstören und zu beseitigen" - Die Kontrollratsdirektive Nr. 30 vom 13. Mai 1946

Betr.: Beseitigung deutscher Denkmäler und Museen militärischen und nationalsozialistischen Charakters

für die Bundesrepublik Deutschland außer Wirkung gesetzt durch Artikel 2 des Gesetzes Nr. A-37 der Alliierten Hohen Kommission vom 5. Mai 1955 (ABl. AHK S. 3268)

für die DDR außer Wirkung gesetzt durchBeschluß des Ministerrats der UdSSR über die Auflösung der Hohen Kommission der Sowjetunion in Deutschland vom 20. September 1955

Der Kontrollrat verfügt wie folgt:

I. Von dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Direktive an ist untersagt und als gesetzwidrig erklärt die Planung, der Entwurf, die Errichtung, die Aufstellung und der Anschlag oder die sonstige Zurschaustellung von Gedenksteinen, Denkmälern, Plakaten, Statuen, Bauwerken, Straßen- oder Landstraßenschildern, Wahrzeichen, Gedenktafeln oder Abzeichen, die darauf abzielen, die deutsche militärische Tradition zu bewahren und lebendig zu erhalten, den Militarismus wachzurufen oder die Erinnerung an die nationalsozialistische Partei aufrechtzuerhalten, oder ihrem Wesen nach in der Verherrlichung von kriegerischen Ereignissen bestehen. (…)

II. Sämtliche bestehenden Gedenksteine, Plakate, Statuen, Bauwerke, Straßen- oder Landstraßenschilder, Wahrzeichen, Gedenktafeln oder Abzeichen einer Art, deren Planung, Entwurf, Errichtung, Aufstellung, Anschlag oder sonstige Zurschaustellung § I dieser Direktive untersagt, sind bis zum 1. Januar 1947 vollständig zu zerstören und zu beseitigen. (…)

Nicht zu zerstören oder sonst zu beseitigen sind Gegenstände von wesentlichen Nutzen für die Allgemeinheit oder von großem architektonischen Wert, bei welchen der Zweck dieser Direktive dadurch erreicht werden kann, daß durch Entfernung der zu beanstandenden Teile oder durch anderweitige Maßnahmen der Charakter einer Gedenkstätte wirksam ausgemerzt wird.

Die zuständigen Militärbehörden benennen in jeder Zone örtliche deutsche Beamte, die innerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches die Verantwortung für die Aufstellung vollständiger Verzeichnisse von Gedenkstätten tragen, die unter das Verbot nach § I dieser Direktive fallen und nach § II zur Vernichtung und Beseitigung bestimmt sind.

Ist nach Ansicht der verantwortlichen deutschen Beamten in Einzelfällen, wo es sich um Gegenstände von ausnehmend künstlerischem Wert handelt, eine Ausnahme von obiger Regel am Platze, so steht es ihnen frei, ein entsprechendes Gesuch den zuständigen Militärbehörden zur Weiterleitung an den Zonenbefehlshaber zur Erwägung zu unterbreiten.

III. Untersagt und als gesetzwidrig erklärt ist vom 1. Januar 1947 an die wissentliche Zurückhaltung oder Zurschaustellung von Gedenksteinen, Denkmälern, Plakaten, Statuen, Bauwerken, Museen oder Ausstellungen militärischen Charakters, Straßen­ oder Landstraßenschildern, Wahrzeichen, Gedenktafeln oder Abzeichen solcher Art, deren Planung, Entwurf, Errichtung, Aufstellung, Anschlag oder sonstige Zurschaustellung § I dieser Direktive untersagt und deren Zerstörung § II dieser Direktive fordert.

Die Verantwortung nach § III dieser Direktive tragen die Inhaber des gesetzwidrig zurückbehaltenen Gegenstandes oder bei Gesetzesverletzungen, bei denen es sich um öffentliches Gut oder um Gegenstände handelt, deren Eigentümer nicht ausfindig gemacht werden kann, die dafür verantwortlichen Beamten.

IV. Der Zerstörung und Beseitigung sind nicht unterworfen:1. Gedenksteine, die lediglich zum Andenken an verstorbene Angehörige regulärer militärischer Einheiten errichtet worden sind, mit Ausnahme paramilitärischer Verbände der SS und Waffen-SS.6 2. Einzelgrabsteine, die bereits bestehen oder in Zukunft aufgestellt werden,unter der Voraussetzung, daß die Architektur, die Ausschmückung oder die Inschriften der in den Absätzen 1 und 2 erwähnten Gedenk- und Grabsteine weder militärischen Geist widerspiegeln noch das Gedächtnis an die nationalsozialistische Partei bewahren.

Zum Zwecke der Erhaltung der in den Absätzen 1 und 2 erwähnten Gedenk- und Grabsteine können an deren Architektur, Ausschmückung und Inschriften Änderungen zur Beseitigung anstößiger Merkmale vorgenommen werden.

V. a) Die Ausdrücke „militärisch“ und „Militarismus“ sowie der Ausdruck „kriegerische Ereignisse“ im Sinne dieser Direktive beziehen sich auf Kriegshandlungen nach dem 1. August 1914 zu Lande, zu Wasser oder in der Luft und auf Personen, Organisationen und Einrichtungen, die mit diesen Handlungen in unmittelbarem Zusammenhange stehen.

b) Der Ausdruck „National-Sozialistische Partei“ im Sinne dieser Direktive bezieht sich auf die ehemalige Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei und auf die in unmittelbarer Verbindung mit ihr stehenden Personen, Organisationen und Einrichtungen.

VI. Diese Direktive tritt mit dem Tage ihrer Verkündung in Kraft.

Ausgefertigt in Berlin, den 13. Mai 1946.

(Die in den drei offiziellen Sprachen abgefaßten Originaltexte dieser Direktive sind von B. H. Robertson, Generalleutnant, L. Koeltz, Armeekorpsgeneral, M. 1. Dratwin, Generalleutnant, und Lucius D. Clay, Generalleutnant, unterzeichnet).“7

Kommentar:

Aufgrund dieser Direktive hätte das Radolfzeller NS-„Ehrenmal“ („Kriegerdenkmal“) von 1938 bis zum 1. Januar 1947 / 5. Mai 1955 „vollständig zerstört und beseitigt“ werden müssen.

Warum die Direktive in Radolfzell nicht umgesetzt wurde, das „Ehrenmal“ also nicht nur nicht „vollständig zerstört und beseitigt“ wurde, sondern - bis auf die Entfernung des Hoheitszeichens mit Hakenkreuz - bis 1958 unverändert blieb, ist bislang ungeklärt.

Offen ist auch die Frage, ob der Abriss des „Ehrenmals“ als von der Direktive betroffenes Relikt des Nationalsozialismus 1946/47 überhaupt zur Disposition stand bzw. ob in Radolfzell „die zuständigen Militärbehörden (…) örtliche deutsche Beamte“ benannt haben, „die innerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches die Verantwortung für die Aufstellung vollständiger Verzeichnisse von Gedenkstätten tragen“ sollten, „die unter das Verbot nach § I dieser Direktive fallen und nach § II zur Vernichtung und Beseitigung bestimmt sind.“

In den im Stadtarchiv Radolfzell überlieferten Akten aus der frühen Besatzungszeit gibt es nach bisherigem Kenntnisstand (Juni 2018) keine solchen, das „Kriegerdenkmal“ betreffenden Dokumente der Stadtverwaltung bzw. diesbezüglichen Anordnungen der französischen Behörde; auch die Kontrollratsdirektive selbst scheint in Radolfzell nicht aktenkundig geworden zu sein.

Es fällt dagegen auf, dass 1956, also nur ein Jahr nach Außerkraftsetzung der Kontrollratsdirektive, umgehend Fakten geschaffen wurden, die ex post gegen deren Bestimmungen verstießen: so etwa der neue Straßenname „Landserweg“ im „Kasernengebiet“; ausdrücklich verstanden als „Ehrung des einfachen deutschen Soldaten der beiden Weltkriege“, und damit im Wortlaut der Direktive darauf abzielend, „die deutsche militärische Tradition zu bewahren und lebendig zu erhalten“ (Paragraph I). Dann aber auch die 1956 von Bürgermeister Hermann Albrecht geforderte, 1958 abgeschlossene „gründliche Bearbeitung“ des „Ehrenmal“-Ensembles, bei der auf den zusätzlichen Namenstafeln der 1939-1945 „Gefallenen“ auch 102 Angehörige der Waffen-SS berücksichtigt wurden; ein Umstand, der die Beseitigung des „Gefallenendenkmals“ zwingend erforderlich gemacht hätte, weil es spätestens damit aufhörte, ein „Gedenkstein (…) lediglich zum Andenken an verstorbene Angehörige regulärer militärischer Einheiten“ zu sein(vgl. Paragraph IV).

Markus Wolter, 2018

Offizielle Gedenkpolitik - Kontinuitäten nach 1945

Im Jahr 2005 erklärten die Vereinten Nationen den Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau am 27. Januar 1945 zum „Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust“. Bereits 1996 hatte Bundespräsident Roman Herzog (1934-2017) den 27. Januar als nationalen „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ eingeführt. In seiner Proklamation umriss Herzog damals die Grundlinien einer künftigen Erinnerungskultur in Deutschland: „Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt. Sie soll Trauer über Leid und Verlust ausdrücken, dem Gedenken an die Opfer gewidmet sein und jeder Gefahr der Wiederholung entgegenwirken.“

Hat Radolfzell in diesem Sinn eine an den NS-Opfern ausgerichtete Form des Gedenkens und Erinnerns gefunden? Eine zentrale NS-Gedenk- und Informationsstätte gibt es in Radolfzell bis heute nicht. Seit der Installation einer Stelenskulptur von René Dantes und mehreren Informationstafeln an der ehemaligen SS-Kaserne und am SS-Schießstand 2012/13 zählt Radolfzell gleichwohl zu den von der Landeszentrale für politische Bildung ausgewiesenen „Gedenkstättenorten in Baden-Württemberg“.

Von Tätern und Opfern – Die Geburt der Radolfzeller „Erinnerungskultur“ aus dem Geist des Revisionismus

In der ehemaligen SS-Garnisonsstadt, zudem Standort eines KZ-Außenlagers von Dachau, tat man sich nach 1945 schwer, persönlich oder politisch Verantwortung für die NS-Verbrechen zu übernehmen, die Opfer und Verfolgten der NS-Gewaltherrschaft angemessen zu würdigen und die Überlebenden für das erlittene Unrecht zu entschädigen; von einer historischen oder juristischen Aufarbeitung und Strafverfolgung der verantwortlichen Täter ganz zu schweigen. Wie überall im Nachkriegsdeutschland wich man beim offiziellen Gedenken, Trauern und Erinnern der historischen Verantwortung aus und beschränkte sich am neu eingeführten „Volkstrauertag“ auf die „Toten zweier Kriege“. Weder die zivilen Kriegsopfer noch die aus politischen oder rassenideologischen Gründen in der NS-Zeit millionenfach verfolgten und ermordeten Menschen wurden erwähnt. Ort des selektiven Gedenkens war und blieb das vormalige NS-„Ehrenmal für die gefallenen Helden“ des Ersten Weltkriegs, das 1938 von den Nationalsozialisten errichtete und in den Folgejahren an „Heldengedenktagen“ ideologisch in Anspruch genommene „Kriegerdenkmal“. Seine Geschichte und heroisierende NS-Ästhetik schienen der Stadtverwaltung lange Zeit kein Grund für Bedenken gewesen zu sein, so dass der „Volkstrauertag“ Jahr für Jahr an dem nur marginal veränderten Gedenkensemble aus Soldatenskulptur und Namenstafeln der militärischen „Kriegsopfer“ aus Radolfzell begangen wurde. Dabei bestimmten die Radolfzeller Vertreter des SS-Traditionsverbands HIAG - v.a. die ehemaligen Angehörigen der SS-„Germania“ Willi Hille (HIAG-Kreisvorsitzender)8 und SPD-Stadtrat Heinrich („Heini“, „Heinz“) Winzenburg9 ,  Hans Witzstrock, Eduard Klejewski, Eduard Helmholtz, Heinz Berendt, Wohlfahrt u.a. - bis in die späten 1970er Jahre das Geschehen am Luisenplatz und wurden dabei von den Bürgermeistern und Gemeinderäten unterstützt; nicht ohne Grund: 1958 war die HIAG dem „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ beigetreten. Im selben Jahr, zwanzig Jahre nach der Einweihung des NS-„Ehrenmals“ durch die Radolfzeller SS im Jahr 1938, hatte der Gemeinderat auf Vorschlag von Stadtrat und Lehrer Konrad Dombrowski (1896-1985; ehemaliges NSDAP-Mitglied und Hauptmann der Wehrmacht) entschieden, welchen gefallenen „Söhnen der Stadt“ (so die neue Sockelinschrift) das städtische Gedenken dort in Zukunft zu gelten habe: erstens allen gefallenen Wehrmachtssoldaten, die in Radolfzell wohnberechtigt waren, als sie zur Wehrmacht eingezogen wurden und zweitens allen gefallenen SS-Angehörigen der Garnison Radolfzell, die hier ihren gemeldeten Wohnsitz und Familie hatten. Aufgrund dieser „Auswahl“ kamen zu den „Kriegstoten“ des Ersten Weltkrieges 561 Angehörige der Wehrmacht und Waffen-SS hinzu, deren Namen auf vier Bronzetafeln an der Abschlussmauer des Gedenkensembles angebracht wurden. Dort findet man seitdem nicht nur den Namen des ersten Kasernenkommandanten, SS-Obersturmbannführer Heinrich Koeppen verzeichnet, sondern die Namen von 102 Angehörigen der Waffen-SS, die 1937-1939 in Radolfzell stationiert, polizeilich gemeldet und/oder verheiratet waren.


Zu Konrad Dombrowski und zur Umgestaltung des NS-Ehrenmals 1958, Südkurier, 13. März 1958.

Umgestaltung KD 1958   Dombrowski Umgestaltung KD 1958   Dombrowski 2   Umgestaltung KD 1958   Dombrowski 3

„Würdige Stätte des Gedenkens, Trauerns und Hoffens“ - Der Südkurier-Bericht vom 21. Juli 1938 zur Einweihung des nach den Vorgaben Konrad Dombrowskis „umgestalteten Kriegerdenkmals“ am „Hausherrentag“, 19. Juli 1958.

„Kameradschaftstreffen“ und „Gefallenen-Ehrung“ der ehemaligen Angehörigen des III. Btl. Germania am 27./28. April 1963 und 1967 - Willi Hille: "Bataillons-Geschichte 1935-1945"

Aus der Rede des ehemaligen SS-Hauptscharführers und HIAG-Kreisvorsitzenden Willi Hille, Radolfzell:

„Für lange Zeit wurde die Kaserne und die Stadt Radolfzell für Sie und für uns alle zweite Heimat. Manche Bekanntschaften, auch zärtlicher Art (sic!), wurden im Umgang mit der Bevölkerung geschlossen. Sie wissen: Das Verhältnis zur Bevölkerung war gut. Ein Großteil Verdienst daran gebührt unserem unvergesslichen Kommandeur Heinrich Koeppen. Ihr kennt ihn alle noch, den Mann mit dem immer strengen Blick. (….). Radolfzell hat uns schöne und unvergessliche Tage und Stunden bereitet. Wäre dem nicht so, dann würden nicht Jahr für Jahr immer wieder aus allen Teilen Deutschlands und aus dem Ausland Kameraden an den Ort zurückkehren, der für viele den Anfang neuen Lebens brachte.“10

Anlässlich des 30. Jahrestages des Einzugs der III.-SS-VT "Germania" 1937/67 kam es in der ehemaligen SS-Garnison abermals zu einem größeren Veteranen- und HIAG-Treffen, organisiert wiederum vom umtriebigen "Kameraden" Willi Hille und mit wohlwollender Unterstützung der Radolfzeller Stadtverwaltung. Hille veröffentlichte 1967 zu diesem Anlass im Selbstverlag seine im Stil der verklärenden Veteranen- und Kriegserinnerungsliteratur gehaltene 62-seitige "Bataillons-Geschichte 1935-1939". Sie enthält neben einigen zeitgenössischen Fotografien von der Aufstellung in Wolterdingen 1935 und dem Einzug des III.SS-VT "Germania" in Radolfzell 1937 und der SS-Kaserne auch die (unvollständige) Liste ("Ehrentafel") mit den "gefallenen" Bataillonsangehörigen 1939-1945. Das Machwerk wird eingeleitet von einem Grußwort des HIAG-Organisators und ranghöchsten SS-Veterans "Papa" Paul Hausser.

Ehrentafel  

"Ehrentafel der während des Krieges gefallenen oder an den Folgen von Vewundungen verstorbenen Angehörigen des ehemaligen III. Btl. 'Germania'"; mit einem Heinrich Koeppen-Porträt, aufgenommen in Radolfzell um 1938.11    

Erst anlässlich des Volkstrauertages 2011 deckte man die Sockelinschrift von 1958 ab und ließ über den Namenstafeln eine Inschrift anbringen: „Radolfzell gedenkt der Opfer der Gewaltherrschaft und der Toten aller Kriege.“ Diese stellt, unbeabsichtigt oder nicht, ihrerseits den fragwürdigen Bezug zu den gefallenen „Söhnen der Stadt“ auf den Namenstafeln her, erklärt nicht nur die nachweislichen Täter aus Wehrmacht und SS pauschal zu Kriegs-„Opfern“, sondern implizit zu „Opfern der (nationalsozialistischen) Gewaltherrschaft“.

Unter den namentlich genannten 102 Angehörigen der Waffen-SS ist der spätere SS-Brigadeführer und Generalmajor der Waffen-SS Joachim Rumohr (1910-1945) der ranghöchste und prominenteste der SS-Täter. Am Fallbeispiel von dessen SS-Biografie mag der grundlegende gedenkpolitische Widersinn des „Kriegerdenkmals“ deutlich werden: Radolfzell gedenkt am Luisenplatz der - namenlos bleibenden - „Opfer der Gewaltherrschaft“ - und ehrt zugleich namentlich zahlreiche Täter.
Angehörige der SS auf den Namenstafeln der "gefallenen Söhne der Stadt Rdolfzell"


Der Fall Joachim Rumohr (1910 -1945)

Joachim Rumohr, geb. am 6. August 1910 in Hamburg, SS-Brigadeführer und Generalmajor der Waffen-SS, „Alter Kämpfer“, NSDAP-Nr. 216.161 (Eintritt 1930), SS-Nr. 7.450 (Eintritt 1931). Ab November 1935 Angehöriger des III./SS-Standarte „Germania“, am 31. Juli 1937 mit diesem SS-VT-Bataillon nach Radolfzell verlegt, dort Kompanieführer der 12. Kompanie. 1937-1939 in Radolfzell stationiert und polizeilich gemeldet. Seit 1937 verheiratet mit Gertrud Kabel (1916-1990) aus Sülfeld, Holstein. Das Paar, das zunächst in der SS-Siedlung, später in der Schubertstraße wohnte, hatte drei Kinder, die zwischen 1939 und 1944 in Singen und Radolfzell zur Welt kamen.

Am 9. November 1938, dem Vorabend der Novemberpogrome, wurde Rumohr in Radolfzell zum SS-Hauptsturmführer befördert und war mutmaßlich an den Synagogenzerstörungen von Wangen, Gailingen und Randegg beteiligt.

Bundesarchiv Bild 183 S73622 Joachim Rumohr  
SS-Brigadeführer und Generalmajor der Waffen-SS Joachim Rumohr (hier als SS-Oberführer). SSOA, Bundesarchiv Berlin.

Mit dem III./SS-VT „Germania“ nahm Rumohr am Polenfeldzug 1939 teil und 1940 mit der SS-Verfügungsdivision am Westfeldzug gegen die Niederlande, Belgien und Frankreich. Januar 1941 Kommandeur der II. Abteilung des SS-Artillerie-Regiments „Das Reich“, ab 22. Juni 1941 Teilnahme am rassenideologischen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion 1941-1945. Seit 1. Juni 1942 Kommandeur des SS-Artillerie-Regiments der SS-Kavallerie-Division (im März 1944 umbenannt in 8. SS-Kavallerie-Division „Florian Geyer“), die 1941-1943 für zahlreiche Kriegsverbrechen im Rahmen von sog. „Partisanen“- und „Bandenbekämpfung“ und für systematische Massenmorde an sowjetischen Juden verantwortlich war. Im April 1944 wurde Rumohr zum SS-Standartenführer befördert und übernahm als Nachfolger von Bruno Streckenbach die Führung der 8. SS-Kavallerie-Division „Florian Geyer“ im besetzten Ungarn. Der Divisionsstab war seit dem 19. März 1944 in der südungarischen Stadt Baja (Frankenstadt) stationiert. Auf Weisung der deutschen Besatzer und ungarischen Behörden begann noch im April 1944 die Zwangsghettoisierung der ungarischen Juden, so auch in Baja; gefolgt von Ghettoräumungen und Massendeportationen zwischen Mai und Juli 1941, u. a. in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau („Ungarn-Aktion“).

Als Kommandeur von rund 8.000 SS-Soldaten der SS-Division „Florian Geyer“ war der zum SS-Oberführer beförderte Rumohr schließlich ab November 1944 in der Schlacht um Budapest eingesetzt.

Im Januar 1945 zum SS-Brigadeführer und General der Waffen-SS befördert, Anfang Februar 1945 mit dem „Eichenlaub zum Ritterkreuz“ ausgezeichnet, wurde Rumohr am 11. Februar 1945 bei einem Ausbruchsversuch aus Budapest verwundet und erschoss sich vor der Gefangennahme durch die Rote Armee.

Rumohr In Baja, Frühjahr 1944  
Rumohr als Divisionskommandeur in Baja, Ungarn, 1944.

Joachim Rumohr   Radolfzell  
Joachim Rumohr (hier als SS-Standartenführer) mit dem ältesten Sohn V. (geb. 1939). Aufgenommen beim letzten „Heimaturlaub“ in Radolfzell, 1944. Man beachte die maßgeschneiderte Kinderuniform nach Vorbild der Waffen-SS-Uniform des Vaters; mit SS-Kragenspiegel, Koppelschloss („Meine Ehre heißt Treue“), Hoheitszeichen und Ärmelstreifen der SS-Div. „Florian Geyer“.12

Rumohr KD 1  

Das „Kriegerdenkmal“ am Luisenplatz führt Joachim Rumohr (dort fälschlich „Rühmor, Joachim“) seit 1958 als einen der gefallenen „Söhne der Stadt Radolfzell“ und zählt ihn seit 2011 - nimmt man das Schriftband über den Namenstafeln beim Wort - zu den „Opfern (!) der Gewaltherrschaft“.

Markus Wolter, 2017.

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Literatur:

Schulz, Andreas (Hrsg.): Deutschlands Generale und Admirale. Die Generale der Waffen-SS und der Polizei 1933 – 1945. Band 4. Bissendorf, Biblio Verlag 2009, S. 350 ff.

Martin Cüppers: Wegbereiter der Shoah. Die Waffen-SS, der Kommandanturstab Reichsführer SS und die Judenvernichtung 1939-1945. Darmstadt, WBG 2011.

Krisztián Ungváry: Die Schlacht um Budapest. Stalingrad an der Donau 1944/45. München 1999.

Richard Landwehr: Budapest. The Stalingrad of the Waffen-SS. New York 1998.

Bildergalerie

Luisenplatz  
Die 1958 angebrachte, nicht minder fragwürdige Sockelinschrift - „Die Stadt Radolfzell ihren in den Weltkriegen 1914-1918 und 1939-1945 gefallenen Söhnen“ - wurde für den Volkstrauertag 2010 zwar vorübergehend mit einer Holzplatte abgedeckt (so auf dieser Fotografie), war aber danach wieder monatelang offen sichtbar. Der Text eines 2010 ebenfalls kurzzeitig angebrachten Schriftbanners (siehe unten) wurde im November 2011 in Metall-Lettern über den Namenstafeln dauerhaft angebracht: „Radolfzell gedenkt der Opfer der Gewaltherrschaft und der Toten aller Kriege.“ Im Vorfeld des Volkstrauertages 2011 wurde schließlich die Sockelinschrift von 1958 abermals, dieses Mal mit einer Steinplatte abgedeckt.
Unter der Inschrift „„Radolfzell gedenkt der Opfer der Gewaltherrschaft und der Toten aller Kriege“ wird am Luisenplatz in Radolfzell (ehem.: Horst-Wessel-Platz) jedes Jahr eine Gedenk-Zeremonie abgehalten. Für Außenstehende irritierend: Die darunter aufgeführten Personen waren vorwiegend Täter, nämlich Wehrmachtssoldaten und etwa 100 Angehörige der Waffen-SS. Das Kriegerdenkmal verzeichnet weder getötete ZivilistInnen noch die Ermordeten des Radolfzeller Außenkommandos des KZ Dachau.

Opfer Der Gewaltherrschaft  

 

Radolfzell Gedenkt  
Radolfzell gedenkt der „Opfer“ der Gewaltherrschaft. Fotografie: Christof Stadler.

 

Bronzeplatteluisenplatzheinrichkoppen 14 11 2010  

Bronzeplatte am Luisenplatz, u.a. mit der Inschrift des Kommandanten der Radolfzeller SS-Kaserne, Heinrich Koeppen

OB Schmidt  
Rede des Alt-OB Jörg Schmidt, Volkstrauertag, 14.11.2010

Kombattanten  
Bronzeplatte mit Namen der „Kombattanten“ des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71

 

  Stele  
Transparente Text-Stele am Luisenplatz (2001)


„Als dieses Denkmal 1938 aufgestellt wurde, waren die Planungen für den nächsten Krieg und den Holocaust schon weit fortgeschritten. Millionen Männer, Frauen und Kinder wurdenOpfer der nationalsozialistischen Unmenschlichkeit.“

Texttafeln  


Die kommentierenden Texttafeln (2014) zur Entstehungsgeschichte des Kriegerdenkmals und zur Geschichte der „Gedenkkultur“ an diesem Ort. Fotografie: Markus Wolter 2014.

Die Texte auf den einzelnen Tafeln (PDF)

Einzelnachweise

1 Beschriftung einer Bildkarte des „Ehrenmals“, datiert 13.9.1938.
2 Vgl. Kritische Stellungnahme der Freien Grünen Liste (FGL) zum Friedensfest am 8. Mai 2022 am Luisenplatz: Flugblatt (PDF) unter www.fgl-radolfzell.de
3 Vgl. die filmische Dokumentation: Günter Köhler: Friedensfest Radolfzell 2022
4 Mögliche Bildsprache: "Märtyrer-Palme"(?) oder Kolonialismus-Symbol? Bei der Einweihung des NS-Ehrenmals am 22. Mai 1938 gehörte der Gebietsinspekteur des NS-Reichskriegerbundes, der Kolonialoffizier und SS-Standartenführer Max Knecht zu den Ehrengästen.
5 Zit.n. Wolter (2011).
6 Anmerkung: als die Namenstafeln mit den 102 Angehörigen der Waffen-SS 1958 am NS-Kriegerdenkmal von 1938 angebracht wurden, war diese Direktive bereits durch Artikel 2 des Gesetzes Nr. A-37 der Alliierten Hohen Kommission vom 5. Mai 1955 (ABl. AHK S. 3268) „außer Wirkung“ gesetzt.
8 Willi Hille, geb. 1915 in Oschersleben, gest. ? in Radolfzell. III./SS-VT „Germania“, seit 31. Juli 1937 in Radolfzell. Letzter Dienstgrad: SS-Hauptscharführer, Teilnahme am Polenfeldzug; weitere Dienststellungen unbekannt, 1944/45 Kasernenverwaltung, Schreiber und Kassenwart der USR. Nach 1945 in Radolfzell, Schubertstr. 10, wohnhaft. Kreisvorsitzender der HIAG, Organisator regelmäßiger HIAG-Kameradschaftstreffen in Radolfzell (Gasthof 'Zum Kreuz'); Autor einer Bataillonsgeschichte des III.SS-VT „Germania“, die 1967 im Selbstverlag erschien.
9 Heinrich Winzenburg, geb. 17.9.1913 in Seesen, gest. 1988 in Radolfzell. SS-Nr. 43 090, SS-Mann (25.9.1935; SS-Befehlsblatt, 3.Jahrgang, Nr.9), 9/51. SS-Standarte „Harz“, Göttingen, Allgemeine SS; ab 10.4.1935 Wechsel zur 10.SS-VT „Germania“, Hamburg, SS-Lager Wolterdingen bei Soltau; ab 1.3.1938 9.SS-VT „Germania“ Radolfzell; mit dem III./SS-VT „Germania“ Teilnahme am Polenfeldzug 1939 und in der SS-Division VT am Westfeldzug 1940; „Sicherung der Niederlande“ 1940; Febr. 1942 - Febr. 1943 1.SS-Pz.Gren.Ers.Btl. „Germania“; danach „Osteinsatz“, Februar - Juni 1943 6.(Gen.)Kradsch. Ers. Btl., Ellwangen, danach SS-Pz. Aufkl.Ausb.u.Ers.Abt.2, Arolsen. Weitere Einsätze unbekannt. Letzter Dienstgrad: SS-Hauptscharführer. Amerikanische Kriegsgefangenschaft, zuletzt Internierungslager Darmstadt, dort 1947 entlassen, Rückkehr nach Radolfzell, Zangererstr. 14. Feinmechaniker bei Allweiler, Betriebsratsvorsitzender, Stadtverordneter, Bürgerausschuss (1961), SPD-Stadtrat, SPD-Ortsvereinsvorsitzender (1971-1976). Aktives Mitglied der HIAG, Organisator regelmäßiger HIAG- und „Germania“-Kameradschaftstreffen in Radolfzell. 1979 Berichterstattung im „Spiegel“, die Winzenburgs Doppelmitgliedschaft in HIAG und SPD problematisiert; unfreiwilliger Austritt aus der SPD; vgl.: Ungeeigneter Weg. Ehemalige Angehörige der Waffen-SS, die sich in der HIAG organisiert haben, sollen die SPD verlassen, fordern linke Genossen, in: Der Spiegel 7 (1979.) Die Bundes-SPD stellte schließlich am 17.11.1981 die grundsätzliche Unvereinbarkeit von SPD- und HIAG-Mitgliedschaft fest.
10 Zit. nach dem Verbandsorgan der HIAG, „Der Freiwillige“, BArch-MA Freiburg, N756/108 b.
11 Willi Hille: Bataillons-Geschichte 1935-1939, III. Btl. SS-Regiment "Germania". Radolfzell, Eigenverlag Wili Hille 1967.
12 Fotografien in Privatbesitz, Volker Rumohr.