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Goldgräber am rechten Rand
(24.08.2021)
Unter ihren Anhängern streuen sie Angst – um ihnen Gold und Silber zu verkaufen: Eine Clique von Edelmetallhändlern macht mit rechten Parolen ordentlich Kasse.
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Querdenker-Ärzte scheitern mit Demo
(15.08.2021)
Ärzte stellen Atteste aus, um Coronaleugner von der Maskenpflicht zu befreien. Auch auf Demonstrationen der Querdenken-Bewegung spielen sie eine wichtige Rolle als Einpeitscher. Am Samstag in Leipzig gelang das jedoch nicht.
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Aufmarsch der Erfolglosen
(08.08.2021)
Die Neonazi-Demonstration in Weimar war ein Treffpunkt für erfolglose Rechtsradikale. Doch ein altgedienter Kader zeigt Interesse an den militanten Außenseitern. Von Dominik Lenze Neonazis der „Neuen Stärke Erfurt“ marschieren durch Weimar. Foto: Dominik Lenze Die rechte Einheitsfront ist ausgeblieben. Der Neonazi-Aufmarsch im thüringischen Weimar endete sogar früher als geplant – und schließlich ist einer der […]
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Kaffeefahrt zur Nazidemo
(06.08.2021)
Ein Neonazi-Verein, der durch Gewalttaten aufgefallen ist, will in Thüringen demonstrieren. Teilnehmer will ein Busunternehmer herankarren, der der Querdenken-Bewegung nahesteht.
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Sechs Jahre Haft für Rechtsterroristin wegen geplanten Brandanschlags
(30.07.2021)
Susanne G. muss sechs Jahre ins Gefängnis, weil sie einen rechtsextremen Anschlag plante. Sie hatte viele Kontakte in die Neonazi-Szene - trotzdem glaubt das Gericht nicht an Mittäter.
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Ausgabe November/Dezember 2022
(08.11.2022)
Schweden und Italien sind nun also mehr oder weniger rechts regiert. Mit der Mobilisierung von Angst und »exkludierender Solidarität« lassen sich bei gleichzeitiger Demobilisierung und (meist selbst verschuldeter) Zersplitterung fortschrittlicher Kräfte Wahlen sicher gewinnen. Soweit bekannt und wieder bewiesen. Nicht gerade neu sind auch die Strategien, die dagegen helfen: eine Bündnispolitik, die in der politischen ...
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Ausgabe September/Oktober 2022
(04.09.2022)
Das Titelbild ist von Sophia Hirsch Editorial Dieser Sommer ist deprimierend – vor allem, weil wir uns auf den Herbst vorbereiten müssen. Während die einen ihre Warnungen vor einer rechten Vereinnahmung von Sozialprotesten so laut hinausschreien, dass AfD und Co. gar nicht anders können, als Großdemos gegen Energiepreiserhöhungen zu organisieren, beschwören andere die Notwendigkeit einer Querfront, um ...
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Unser Titelbild
(01.07.2022)
Der »Flyerservice Hahn« ist ein Satireprojekt, das die AfD im Wahlkampf 2021 massiv schädigte. Das Foto zeigt die Antifa-Proteste gegen den AfD-Parteitag Mitte Juni im sächsischen Riesa. Siehe dazu den Bericht auf den Länderseiten und den Beitrag auf S. 6/7. Foto: Christian, Ag . Foto: Christian, AgR
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editorial
(01.07.2022)
»Den Krieg mit all seinen Bedingungen, Ursachen und Wirkungen differenziert zu betrachten«, ist das, was wir jetzt tun können, um daraus ebenso vielschichtig an der Beendigung mitzuwirken. So sagte es der Historiker Johannes Spohr bei unserer Veranstaltung im Mai zu nationalistischen und faschistischen Bestrebungen in der Ukraine. Dem wollen wir auch in dieser Ausgabe mit ...
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Zeitenwende« zum Fürchten
(01.07.2022)
Über »unsere Werte« und Deutschland als »Führungsmacht« In der Januarausgabe der antifa war an dieser Stelle zu lesen: »Derweil macht die grüne Außenministerin mit ihrer Ansage einer ›wertebasierten Außenpolitik‹ und klaren Feindbildern da weiter, wo einst Joseph Fischer angefangen hat. Wir erinnern uns: Der hatte gemeinsam mit dem sozialdemokratischen Verteidigungsminister Scharping mit Bomben auf Belgrad Deutschland ...
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„Stolzmonat“: Rechte Trolle und Netzaktivisten wider den Pride Month
(07.06.2023)
Rechtsextreme Netzaktivisten agieren unter dem Label „Stolzmonat“ gegen den Pride Month. Zentrale Elemente dabei sind der wortgleiche Hashtag und ein Gegenentwurf zur Regenbogensymbolik. Dabei werden die Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold in sieben Abstufungen aufgeteilt und imitieren so die Regenbogenfahne. Seit dem 1. Juni agieren die verschiedenen Spektren der rechten Szene in den sozialen Medien gegen den queeren Pride Month. Immer im Juni feiert die LGBTQI+-Community unter dem Regenbogenbanner ihre Freiheit und Vielfalt. Es finden Straßenfeste, Veranstaltungen, Kulturevents oder Kundgebungen statt. Als Zeichen der Toleranz werden Regenbogenflaggen gehisst, etwa vor Rathäusern. Unternehmen, Politiker und Initiativen zeigen sich solidarisch und nutzen ebenfalls die Regenbogenfarben. Wie im Internet üblich werden dabei auch Profilbilder und Sharepics entsprechend gestaltet. Rechtsextreme Netzaktivisten initiieren dagegen eine „patriotische“ Kampagne. Vertreter der Queer-Community und ihre Unterstützer sollen dabei in den sozialen Netzwerken provoziert, vollgespammt oder getriggert werden. Unter den Rechten dominieren Schwarz-Rot-Gold anstatt der Regenbogenfarben das Erscheinungsbild, in Österreich nutzen Rechtsextreme hingegen die Landesfarben Rot-Weiß-Rot. Über zentrale Hashtags wie „Stolzmonat“ und „StolzStattPride“ wird eine virtuelle Dauerpräsenz suggeriert. Zeitweise werden auf Twitter fast im Sekundentakt Tweets abgesetzt. „Reconquista Germanica“ 2.0 Ähnlich wie zu Zeiten des rechtsextremen Troll-Netzwerks „Reconquista Germanica“ agieren internetaffine Rechtsextremisten und Medienaktivisten mit hoher Dynamik. Nahezu rund um die Uhr wird permanenter Aktivismus generiert. Viele der Profile erinnern gleichwohl an eine Masse anonymer Troll-Accounts. Gezielt werden Tweets von Gegnern, queeren Menschen oder Links zu kritischen Beiträgen und Medienberichten gesucht. Ziele werden markiert, es folgen provokante und hämische Kommentare sowie Hetze. Selbst die AfD Hannover erntete einen kleinen Shitstorm aus den eigenen Reihen, weil ein Tweet, der sich indirekt zum „Stolzmonat“ positionierte, intern für Empörung sorgte. Da wollte die #AfD Hannover den #Stolzmonat als eine Aktion für Tolerenz u.a. gegenüber Homosexuellen ausgeben.Das zog sofort heftige Kritik nach sich, Ex-#JA-Vors. Marvin Neumann allen voran. Und die Horde folgte und beschimpfte die AfD.Die hat rasch ihren Tweet gelöscht. pic.twitter.com/hDcR6ymzcj— Kreuz Acht (@KreuzAcht) June 6, 2023 Die „Amadeu Antonio Stiftung“ beschreibt diese Aktionsform und Taktik in einem Thread als „metapolitische Social Media-Manipulation“. Dabei tritt eine radikale, aber gut strukturierte Minderheit vereint und teils koordiniert im permanenten Aktivmodus auf. Auf diese Weise sollen Masse und Schlagkraft suggeriert und simuliert werden, die der rechten Szene und ihren Anhängern außerhalb des Webs oft noch fehlen. Da die LGBTQI+-Community eines der Hauptfeindbilder ist, richtet sich die Aktion konkret gegen den Pride Month. „Wutbürger“ können sich dabei theoretisch ebenso beteiligen, wie erzreaktionäre Christen oder transfeindliche Migranten. „Schwarz-Rot-Gold ist bunt genug!“ Die neurechte Wochenzeitung „Junge Freiheit“ nannte am 2. Juni als „Initiator“ des „Stolzmonats“ und dieses virtuell tobenden „Kulturkrieg[es]“ Aaron P. aka „Shlomo Finkelstein“. Die Idee geht allerdings auf den „Patriotenmonat statt Pride Month“ zurück. Diese Aktion wurde in Österreich bereits vor zwei Jahren von Rechtsextremen aus dem Umfeld der FPÖ organisiert. Schon damals agierten sie frontal gegen die queere Community. Einer der Slogans lautete: „Unser Regenbogen hat nur zwei Farben.“ Jetzt heißt es in Deutschland: „Schwarz-Rot-Gold ist bunt genug!“ „Shlomo Finkelstein“ beschrieb in der JF, dass die „Idee im Vorfeld schon organisch breit in AfD- und Rechtstwitter-Kreisen aufgekeimt war“. Der Regenbogen sei „ein Dominanzsignal einer zahlenmäßig kleinen, aber in Presse und Politik sehr mächtigen ideologischen Gruppierung“. Die Kampagne und die Verwendung der Nationalfarben umschrieb „Shlomo“ als einen „revolutionäre[n] Akt“, der sich unter anderem gegen den „woke[n] Machtapparat“ richte. Aus der virtuellen Welt müsse die „Botschaft via Sticker, Plakate und so weiter in die echte Welt getragen werden“. Hashtag-Charts bei Twitter entern In den Kanälen der Szene fabulieren andere, anonym agierende Organisatoren davon, man sei die „neue patriotische Graswurzelbewegung“. Einerseits heißt es, es gebe Wichtigeres als den Pride Month. Andererseits wird im Widerspruch dazu aber betont, dass man diesen explizit bekämpfe. Angeboten werden Profilbild-Generatoren und Grafiken zum Weiterverbreiten. Außerdem wird die Information gestreut, dass man seit einigen Tagen schon die Hashtag-Charts bei Twitter beherrsche. Auch hier erinnert vieles wieder an das koordinierte Vorgehen von „Reconquista Germanica“. Der „Stolzmonat“ verbindet die Spektren und Aktivisten der Szene. Man agiert direkt oder indirekt gemeinsam und ergänzt sich. Berührungsängste scheint es kaum zu geben. Rechtsextreme, Medienaktivisten, Blogger und Influencer der Szene sind ebenso aktiv wie frauen- und transfeindliche Trolle oder Mitglieder, Politiker und Funktionäre der AfD. Der rechtsextreme Verein „Ein Prozent“ schwärmt auf seinem Telegram-Kanal von einer „gelungene[n] Gegenoffensive zum ‚Pridemonth‘ des Mainstreams“. Kein Heldentod für „Gender-Gaga“ Wie weit die „Stolzmonat“-Kampagne politisch-inhaltlich und ideologisch gedacht werden kann, zeigt ein Beitrag von Björn Höcke zum Thema Wehrhaftigkeit. Verfasst hat der AfD-Rechtsaußen den Text für „Info-Direkt“, ein in Linz in Österreich erscheinendes „Magazin für Patrioten“. Kurzerhand veröffentlichte das rechtsextreme Blatt den Text am 4. Juni auch online. Inhaltlich äußerst gewagt veröffentlichte man den Beitrag als einen solchen, der explizit im „Rahmen des Stolzmonats“ auf der Webseite erscheine. Björn Höcke wirbt auf seinen Social-Media-Kanälen ebenfalls für die Kampagne. Höcke spricht sich gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht aus. Zum Pride Month oder dem „Stolzmonat“ äußert er sich in der veröffentlichten Fassung nicht. Jedoch betont Höcke, eine „bunte Republik“ sowie „Gender-Gaga, Cancel-Culture, […] Multikulti […] und nationale Selbstabschaffung“ werde man keinesfalls mit dem eigenen Leben verteidigen. Der virtuelle Feldzug gegen den Pride Month findet dagegen eher gemütlich, aber mit ruhig festem Klick vom Schreibtisch oder Sofa aus statt. Author: Michael Klarmann
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Aufklärung über NS-Flugscheiben-Konspirationen
(05.06.2023)
Immer wieder kursieren Konspirationsvorstellungen, wonach es etwa in der Antarktis eine geheime Basis von Nationalsozialisten gibt, welche mit „Reichsflugscheiben“ fortgesetzt eine Weltherrschaft anstreben. Nach 1945 fanden derartige Behauptungen nicht nur in sektiererischen Bereichen des organisierten Rechtsextremismus ihre Verbreitung. Erst jetzt setzt sich ein kleines Büchlein damit ebenso knapp wie kritisch auseinander: „Von Eis-Nazis, Flugscheiben und geheimen U-Booten“. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kamen die unterschiedlichsten Verschwörungsideologien auf. Demnach sei beispielsweise Hitler noch am Leben und mit Flugscheiben oder U-Booten nach Argentinien oder in die Antarktis geflohen. Nach anderen Behauptungen gab es im dortigen Neuschwabenland dann geheime SS-Stationen, wo Angehörige die Etablierung eines „Vierten Reichs“ vorantreiben würden. Meist verbreiteten frühere Nationalsozialisten solche Verschwörungsvorstellungen, entweder um sich allgemein in der Öffentlichkeit interessant zu machen oder um ihre politische Wiederkehr anzukündigen. Gelegentlich fanden derartige Behauptungen auch Eingang in die seriösen Medien, um wohl einen auflagenstärkenden Gruseleffekt für das Verkaufsinteresse zu bedienen. In den 1990er Jahren erschienen dann mit ähnlichen Inhalten weitere Monographien, die im esoterischen wie rechtsextremistischen Lager gewissen Verbreitung fanden. Die Bände „Geheimgesellschaften“ von einem „Jan van Helsing“ stehen dafür. So absurd die Behauptungen waren, so wurden sie doch in Nischenbereichen verbreitet. Aufklärung über diffuse, aber verbreitete Verschwörungsvorstellungen Dies war auch umso einfacher möglich, weil dem kaum etwas entgegen gesetzt wurde. So etwas unternimmt erst jetzt Michael Scholz, der im Hauptberuf als Bibliothekar arbeitet und nebenher bei der „Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften“ (GWUP) aktiv ist. Er legte ein kurzes Buch mit „Von Eis-Nazis, Flugscheiben und geheimen U-Booten. Die Wahrheit über Neuschwabenland“ als Titel vor. Man könnte mit guten Gründen fragen, ob eine solche Publikation heute noch sein muss. Indessen ist auch das Internet voll von einschlägigen Verschwörungsvorstellungen. Der Autor beabsichtigt demgegenüber, detailliert nach deren Realitätsgehalt zu fragen. Denn er konstatiert, bezogen auf die gemeinten Ereignisse, jeweils einen wahren Kern, der häufig Erfolgsgarant für gewisse Konspirationsfiktionen ist. Ausführlich geht es daher zunächst um die historische Antarktis-Reise des „Schwabenland“-Schiffs, das im Auftrag der NS-Führung 1983/39 aus kriegswirtschaftlichen Interessen ebendort unterwegs war. Anschließend blickt Scholz kritisch prüfend auf die dazu unterschiedlichen Verschwörungsvorstellungen. Quellenkritik gegen „Flugscheiben“-Fiktionen Dabei referiert er zunächst acht kursierende Varianten, die bezogen auf alle nur möglichen Details jeweils einer kritischen Prüfung ebenso knapp wie überzeugend unterzogen werden. Eingeschlossen sind dabei auch die in den letzten drei Jahrzehnten über die traditionellen Versionen hinausgehenden Vorstellungen, worin gar Außerirdische in Kombination mit überlebenden SS-Männern eine Rolle spielen. Der Autor betreibt dann bei seinen Erörterungen intensive Quellenkritik. Er nutzt außerdem ein Argumentationsmuster, das ansonsten in den Auseinandersetzungen nicht stärker vorkommt. Dabei werden manche Aussagen zunächst ernst genommen, um dann nach deren realen Voraussetzungen zu fragen. Auch hier wird nie ein wahrer Kern von Scholz unterschlagen, womit die inneren Brüche in den jeweiligen Erzählungen auch deutlich werden. Damit lassen sich auch die jeweiligen Fehlschlüsse bei der Konstruktion einschlägiger Verschwörungsvorstellungen gut veranschaulichen. Bilanzierend hat man es daher mit einem in aufklärerischer Absicht geschriebenen kleinen Handbuch zu eben diesen Konspirationsfiktionen zu tun. Festhalten am „großdeutschen Traum“ als Motiv Darin findet man in Exkursen auch viele Zusatzinformationen, um Ereignisse und Personen besser einschätzen zu können. Der in der Gegenwart einflussreiche Verschwörungsideologe Axel Stoll ist etwa ein gesondertes Thema. Der Autor bleibt aber auf sein besonderes Erkenntnisinteresse fixiert, eben die Konspirationsvorstellungen an der Realität zu überprüfen. Dadurch geraten andere interessante Aspekte aus dem Blick, wozu insbesondere der politische Hintergrund der Protagonisten und deren damit verbundene Zielsetzung gehören. So werden nur einige Hypothesen formuliert, bemerkt Scholz doch etwa: Ein wichtiger „Punkt dürfte sicherlich das Festhalten am ‚Großdeutschen Traum‘ sein, also die Überhöhung des deutschen Reiches, das Träumen von einer militärisch-technischen Überlegenheit der Wehrmacht nach dem Gedanken ‚Wir hätten ja können, aber der Führer hatte einen anderen Plan‘“. Viel spricht für die Angemessenheit dieser Deutung. Gleichwohl hätte man gern mehr zu derartigen Fragestellungen gelesen, wobei diese Anmerkung dem kleinen Buch nicht den aufklärerischen Wert absprechen kann und will. Michael Scholz, Von Eis-Nazis, Flugscheiben und geheimen U-Booten. Die Wahrheit über Neuschwabenland, Aschaffenburg 2023 (Alibri-Verlag), 115 Seiten Author: Armin Pfahl-Traughber
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„Die Heimat“ statt NPD: Auferstanden aus Ruinen…
(04.06.2023)
Die älteste rechtsextreme Partei Deutschlands, die NPD, hat sich am Samstag auf einem Parteitag im sächsischen Riesa in „Die Heimat“ umbenannt. Schon zuvor hatte die Partei mitgeteilt, das Treffen stehe unter dem programmatischen Titel „Wir sind die Heimat“. Schon länger wollte die NPD sich umbenennen. Der neue Namen „Die Heimat“ respektive „Heimat“ kursierte dabei ebenso schon einige Zeit in Parteikreisen. Auf dem Parteitag am Samstag wurde die Umbenennung nun vollzogen. Von 171 Delegierten waren Parteikreisen zufolge 131 Delegierte für die Umbenennung, 40 stimmten demnach dagegen. Damit wurde die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit (77 Prozent der Delegierten) für die entsprechende Satzungsänderung erreicht. Bei einem Parteitag in Hessen war die Umbenennung vor rund einem Jahr noch knapp gescheitert. Dass die Parteispitze sich nun ihrer Sache sicher war, zeigte schon das Banner hinter der Bühne mit dem davor schon verbreiteten neuen Logo und dem Hinweis, man sei die „Heimat“. Präsentiert wurden auf dem Parteitag ebenso Entwürfe für neues Werbematerial. Nur wenige Minuten nach der Abstimmung wurden unter anderem der Telegram-Kanal der NPD in „Die Heimat“ umbenannt, jener der NPD-NRW änderte seinen Namen in „HEIMAT-NRW“. Schon während Corona verzichtete die NPD oft auf ihr Logo auf Bannern - jetzt soll ein neuer Name helfen. Foto: Corona-Demo Leipzig „Freiheit, Identität, Werte“ Im Vorfeld des Parteitages hatte der NPD-Bundesvorstand ein neues Strategiekonzept vorgelegt. Man wolle die „politische Schlagkräftigkeit“ verbessern, hieß es in einer Pressemitteilung. In dem Schreiben wurde das Konzept, dass zuvor immer wieder diskutiert worden war, skizziert: „Wir wollen mit unserer Organisation vor allem Netzwerker und Förderer im Widerstand gegen die herrschenden Zustände [und] Teil einer wachsenden Anti-Parteienbewegung“ sein. In welche Richtung der NPD-Relaunch gehen soll, machten in Riesa auch neue Werbematerialien und Slogans deutlich. Man trete nun ein für „Freiheit, Identität, Werte“, für „Souveränität, Heimat, Tradition“ und für „Geschichte, Zukunft, Freiheit“. Die Auferstehung aus Ruinen findet also statt in einer Mischung aus „Identitärer Bewegung“ (IB) und „freiheitlicher“ Politik im Sinne der FPÖ. Hinzu kommen Kooperationen im „vorpolitischen Raum“ nach dem neurechten Prinzip der „Mosaik-Rechten“. Dessen ungeachtet erfolgten am Samstag vor der Entscheidung erneut kontroverse Debatten zwischen Traditionalisten und „Modernisierern“. Banner zur Kampagne für ein Verbot der NPD (Archiv) Von den Wahlerfolgen zum „Irrtum NPD“ Die Nationaldemokratische Partei Deutschland wurde 1964 in Westdeutschland gegründet. Zunächst konnte die NPD Wahlerfolge verzeichnen und gehörte bis Mitte der 1970er Jahre mehreren Landesparlamenten der alten Bundesrepublik an. Später verlor sie an Bedeutung. Nach der Wiedervereinigung erzielte sie insbesondere in Ostdeutschland wieder Wahlerfolge und wurde in Landtage sowie bundesweit auch in kommunale Vertretungen gewählt. Hinzu kam der Namenszusatz „NPD – Die soziale Heimatpartei“. Seit einigen Jahren gilt die NPD jedoch als marginalisiert. In seinem Buch „Irrtum NPD“ attestierte der frühere Bundeschef Holger Apfel der Partei im Jahr 2017 einen völlig desolaten Zustand. Ein erstes NPD-Verbotsverfahren scheiterte 2003 daran, dass die Partei mit V-Leuten durchsetzt war. In einem neu angestoßenen Verbotsverfahren stellte das Bundesverfassungsgericht im Januar 2017 zwar fest, dass die NPD eindeutig verfassungsfeindlich und wesensverwandt mit dem historischen Nationalsozialismus sei. Gleichwohl sei die Partei bedeutungslos geworden, so dass ein Verbotsgrund nicht wirklich vorliege. Die NPD sei so geschwächt, dass sie keine nennenswerte Gefahr für den demokratischen Rechtsstaat darstelle. Gleichwohl soll die NPD staatlichen Mittel aus der Parteienfinanzierung verlieren. Das Bundesverfassungsgericht will darüber Anfang Juli verhandeln. Vaterland alias Heimat Schon im Frühjahr 2022 wollten eine Mehrheit der Kader und Parteichef Franz die NPD umbenennen. Die Abstimmung auf einem Parteitag im hessischen Altenstadt über eine Satzungsänderung scheitere jedoch knapp. Dennoch wurde an diesem Vorhaben festgehalten. Zuvor hatte die Parteijungend noch getönt, sie werde sich von der Mutterpartei lösen, sollte die NPD an ihren festgefahrenen Strukturen und dem Namen festhalten. Bald darauf lenkten die „Jungen Nationalisten“ (JN) ein und hofften, dass die Umbenennung „final“ doch noch erfolge. Später organisierte die NPD und deren Parteiorgan „Deutsche Stimme“ (DS) „Netzwerktage“, den ersten davon in Eisenach. Dieser wollte sich gegen die „Zersplitterung“ der „nationalen, heimattreuen und patriotischen Kräfte“ richten. So folgten NPD und DS seit September 2022 auch mit nachfolgenden Netzwerktreffen ihrer neuen Strategie. Man sei „Netzwerker, Dienstleister, punktueller Bündnispartner und regionaler Motor von Bürgerprotesten und regierungskritischen Initiativen“, hieß es dazu. Der #NPD-Bundesvorsitzende Frank Franz ist offenbar aus seiner eigenen Partei geworfen worden. Der NPD-Landesverband Saarland hatte Franz parteischädigendes Verhalten vorgeworfen. Hintergrund ist die geplante Umbenennung in "Die Heimat": https://t.co/hfz1nhMMb6 pic.twitter.com/iMCdSKUmST— ENDSTATION RECHTS. (@ER_MV) May 22, 2023 Ausschluss des Bundesvorsitzenden Anfang 2023 traten in Nordrhein-Westfalen Mitglieder der „Die Rechte“ (DR) in die NPD ein. In Dortmund gründeten sie einen neuen NPD-Kreisverband, der sich nur noch „Heimat Dortmund“ nannte. Auch andere Gliederungen benannten sich um oder schmückten sich schon mit dem Zusatz „Heimat“. Realsatirisch wurde es in einem deswegen schwelende Machtkampf vor einigen Tagen erst. Die NPD im Saarland teilte mit, dass ihr Parteigericht den Bundesvorsitzenden aus der Partei ausgeschlossen habe. Die Traditionalisten warfen Franz wegen der Netzwerkarbeit und Kooperationen parteischädigendes Verhalten vor. In einer Pressemitteilung von Samstag wurde Parteichef Frank Franz indes zitiert mit den Worten, nach der Umbenennung folge nun auch eine „strategische Weiterentwicklung“. Man werde „eine Sammlungsbewegung für alle schaffen, die ihre Heimat behalten wollen, die nicht nur meckern, sondern aktiv werden wollen.“ Man wolle am „Netzwerk für die Heimat […] mitwirken.“ Kandidatur bei der Europawahl 2024 Am heutigen Sonntag soll in Riesa ein Folgeparteitag stattfinden. Auf diesem will die Bundesvertreterversammlung die Aufstellung einer Liste für die Europawahl im Jahr 2024 bewerkstelligen. Die nunmehr Ex-NPD will hierbei mit neuem Namen also wieder punkten können. Author: Michael Klarmann
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Chronisch klammer NPD sollen staatliche Gelder entzogen werden
(02.06.2023)
Das Bundesverfassungsgericht will am 4. und 5. Juli über den Ausschluss der NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung verhandeln. Die älteste rechtsextreme Partei Deutschlands will sich am Wochenende auf einem Parteitag im sächsischen Riesa zudem umbenennen. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe teilte heute mit, dass die Verhandlung zur Parteienfinanzierung bezüglich der NPD nun terminiert sei. Es ist das erste Verfahren dieser Art. Anlass ist das gescheiterte Verbotsverfahren 2017. Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht die NPD zwar als verfassungsfeindlich eingestuft. Zugleich sei aber die rechtliche Grundlage nicht gegeben, weil die geschwächte und marginalisierte Partei keine wirkliche Gefahr für die heutige Demokratie darstelle. Bei der Urteilsverkündung regte der damalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, im Januar 2017 jedoch an, der „verfassungsändernde Gesetzgeber“ könne über einen Ausschluss der NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung nachdenken. Als Reaktion darauf fügte der Bundestag Mitte 2017 die Möglichkeit hierfür in den Parteienartikel 21 des Grundgesetzes ein. Parteien, die die freiheitliche demokratische Grundordnung „beeinträchtigen“ und die Demokratie „gefährden“, können demnach von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden. Gesamtnote Mangelhaft Die NPD wurde 1964 gegründet und erzielte bis Mitte der 1970er Jahre Wahlerfolge in der alten Bundesrepublik an. Später verlor sie an Bedeutung. Nach der Wiedervereinigung erzielte sie insbesondere in Ostdeutschland neue Wahlerfolge. Unterdessen gilt die NPD aber als marginalisiert. In seinem Buch „Irrtum NPD“ attestierte der frühere Bundeschef Holger Apfel der Partei im Jahr 2017 die Gesamtnote mangelhaft. Dank „des Staubsauger-Phänomens der AfD“ werde die NPD weiter an Bedeutung verlieren, beschrieb Apfel das Dilemma seiner früheren Partei. Unterdessen erlebt die AfD ein Umfragehoch nach dem anderen. Ein erstes NPD-Verbotsverfahren scheiterte 2003 daran, dass die Partei mit V-Leuten durchsetzt war. In einem neu angestoßenen Verbotsverfahren stellte das Bundesverfassungsgericht im Januar 2017 zwar fest, dass die NPD eindeutig verfassungsfeindlich und wesensverwandt mit dem historischen Nationalsozialismus sei. Gleichwohl sei die Partei bedeutungslos geworden. Aufgrund des Hinweises von Voßkuhle, die NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen, stellten Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung ihren Antrag dazu im Jahr 2019. Die NPD scheiterte zwischenzeitlich bei mehreren Wahlen und erhielt schon deswegen kaum noch Gelder aus der Parteienfinanzierung. Namens- und Strategiewechsel Schon länger will die NPD sich umbenennen. Der neue Namen „Die Heimat“ respektive „Heimat“ kursiert dabei schon einige Zeit in Parteikreisen. Auf dem Parteitag am morgigen Samstag in Riesa soll diese Umbenennung nun vollzogen werden. Sie war vor einem Jahr bei einem Parteitag in Hessen noch knapp gescheitert. Laut Pressemitteilung soll die NPD zudem zu einer „Organisation“ umgewandelt werden „vor allem [für] Netzwerker und Förderer im Widerstand gegen die herrschenden Zustände“. 2022 hatte es dazu geheißen, man werde künftig „Netzwerker, Dienstleister, punktueller Bündnispartner und regionaler Motor von Bürgerprotesten und regierungskritischen Initiativen“ werden. Ob sich der angestrebte Wandel auf die anstehende Gerichtsverhandlung auswirkt, ist noch unklar. NPD soll aus staatlicher Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag wollen einen gemeinsamen Antrag beim Bundesverfassungsgericht einreichen. Ziel ist der völlige Ausschluss der NPD aus der staatlichen Parteienfinanzierung. Freitag, 19. Juli 2019 Wie weiter nach dem Urteil im NPD-Verbotsverfahren? Die NPD wird nicht verboten. Das Bundesverfassungsgericht attestiert der rechtsextremistischen Partei eine grundsätzliche Verfassungsfeindlichkeit, die NPD habe aber nicht die Mittel, ihre Ziele umzusetzen. Damit vermieden die Karlsruher Richter ein politisches Signal – und stellen Zivilgesellschaft und Staat vor neue Herausforderungen. Dienstag, 17. Januar 2017 Das Bundesverfassungsgericht will Anfang Juli generell prüfen, ob es sich bei der Neuregelung der Parteienfinanzierung aus Juni 2017 um „verfassungswidriges Verfassungsrecht“ handelt. Das Gericht prüft in der Verhandlung gleichwohl auch noch einmal, wie sich die NPD seit 2017 entwickelt hat. Sollten die Karlsruher Richter den Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung bestätigen, würden auch die Steuervergünstigungen für Spenden und andere Zuwendungen an die Partei entfallen. Author: Michael Klarmann
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Harmonisch mit Neonazis
(31.05.2023)
Das Brauchtumsfest am Questenberg in Sachsen-Anhalt lockt zu Pfingsten Rechtsextreme aller Couleur an. Die Ortsbevölkerung lässt sie gewähren. Sie war „mal eine Legislaturperiode“ lang Bürgermeisterin von Questenberg, nun ist sie nur noch Wirtin. Liane Gast betreibt in dem heidnischen Wallfahrtsort im Mansfelder Land das Restaurant „Zur Queste“ mit keltischer Küche. Wenn zu Pfingsten ein neuer Questenbaum errichtet wird, dann wird im Gasthaus „Zur Queste“ feste gefeiert. Die Traditionsvereine des Ortes zelebrieren eine mehrtägige Brauchtumsfeier, die von der Gemeinde Südharz mitbeworben wird und die auf viel Anklang in der Neonazi-Szene stößt. Obgleich der Festplatz als offizieller Veranstaltungsort gilt, ist das heimliche Zentrum der heidnischen Festivitäten die Schänke von Liane Gast. Bereits 1995 gab es Warnungen, das „Questenfest“ sei „auf dem besten Wege zum Treffpunkt von Neonazis zu werden“. Damals kamen erste Stoßtrupps aus Quedlinburg und Süddeutschland. „Alles Quatsch“, wischte der damalige Vorsitzende des Festkomitees Edgar Eimecke die Frage nach den „Deutsch-Nationalen“ gegenüber der Berliner Zeitung vom Tisch. Für Eimecke, inzwischen verstorbener Vorsitzender des Festkomitees, waren die Jugendlichen „ganz normal, bloß eben ein bisschen komisch angezogen“. Als nach dem Mauerfall der ehemalige NSDAP-Funktionär Werner Haverbeck, Ehemann der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck auftauchte, um das Fest als eines der letzten Beispiele germanischen Brauchtums zu loben, wurde der anthroposophisch geprägte NS-ler in den Verbund der Questenfreunde aufgenommen. Das Verlesen der Grußbotschaft „des Herrn Professor“ soll laut Berliner Zeitung über Jahre zum Ritual geworden sein. Illustre Runde Pfingsten 2023 feierten am Sonntagabend völkische Rechtsextreme, Neonazis des Dritten Weg und viele andere gemeinsam mit Holocaustleugner Nikolai Nerling bei Liane Gast im Innenhof. „Im Reigenschritt nach Questenberg“ lautete die im Netz verbreitete Einladung der NPD-nahen „Liedertafel Dresden“ um ihren Musiker „Andi Hoffnung“. Der Sachse liebt Volksmusik und Volkstanz, postet aber auch Videos von einer Waffenübung mit Kindern im Netz. „Ich spiele wieder auf in der Questenschänke“, vorher sollte im Freien im Wald getanzt werden. Liane Gast betont, es sei „keine geplante Veranstaltung“ gewesen, Leute aus Dresden waren da und hätten musiziert. In den engen Straßen von Questenberg waren Liedtexte wie „Es fiel, es fiel das Gotenreich, doch einmal kommen wir wieder“ oder „Wir leiden zwar, aber wie knien nicht“ zu hören. Der umtriebige Aktivist Nikolai Nerling nahm ebenso an der Veranstaltung teil, Foto: isso.media Ja, sie kenne auch Nikolai Nerling, bestätigt Liane Gast und betont, die offizielle Feier zum „Questenfest“ am Pfingstsonntag habe der Questenverein auf dem Festplatz mit viel lautem Rave organisiert. Aber wer nicht zu dieser „Disko“ wolle, sei eben zu ihr gekommen. Ja, Nerling eben auch, sagt die ehemalige Bürgermeisterin des Dorfes mit etwa 270 Einwohnern. „Durch diese Trennung, dass die sich bei mir aufhalten, gibt es keine Eskalation, sagen wir mal“, überlegt sich Liane Gast während des Telefonats zu sagen. Von Eskalation scheint das Geschehen ohnehin weit entfernt. Questenberg im Südharz ist stolz darauf, eine uralte Tradition bewahrt zu haben – und die teilt sie de facto seit Jahrzehnten gerne auch mit Neonazis. Sonnenverehrung Die Errichtung des riesigen Kranzes auf dem Bergplateau oberhalb der Ortschaft ist ein altes Ritual der Sonnenverehrung. Questenberg soll der einzige bundesdeutsche Ort sein, in dem die keltische Tradition dieses germanischen Keltenkreuzes überlebt hat. Jedes Jahr zu Pfingsten quartieren sich Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet ein, sie campen im Wald oder zwischen den Häusern, viele schlafen die wenigen Stunden in ihren Autos. Nerlings Camper mit Minirad parkt direkt vor dem Büro eines der Traditionsvereine. Er wird dann Montag weiterfahren, um das Gedenken an einen der schlimmsten rassistischen Brandanschläge in Solingen mit einer Hass-Rede zu stören. Die letzten haben Disko- und Brauchtumsfeiern gerade verlassen, da ertönt am Pfingstmontag in der Frühe um 3.30 Uhr am hölzernen Roland der Weckruf. Der Höhepunkt der Brauchtumsfeierlichkeiten beginnt. Ein Kyffhäuserland-Orchester spielt mit Blasmusik auf. Dann beginnt der Aufstieg. Der hölzerne Questenbaum auf dem Bergplateau wird vom Festumzug umstellt und Männer klettern an dem mehrere Meter hohen, steilen Stamm empor um das geflochtene Rad mit dem vier Meter breiten Kreuz herunterzulassen. Diese „Queste“ wird verbrannt und am frühen Nachmittag mit einen erneuten Umzug durch eine Neue ersetzt. So will es alljährlich der veranstaltende Questenverein „Questenberg“. Die Zeremonie symbolisiere „den Sieg der Sonne über die Mächte der Dunkelheit“, schrieb die NPD Göttingen auf ihrer Webseite. Im Dritten Reich sei dann bei Sonnenaufgang nach dem Choral das Horst-Wessel-Lied angestimmt worden, heißt es. Szene-Aktivisten 2023 in der Frühe mit dabei sind der Thüringer Ralf-Dieter Gabel sowie Kameraden und Kameradinnen. Gabel war bei der militanten „Europäischen Aktion“ aktiv, dann bei der „Neuen Stärke“, er zeigt einer Gruppe die markante Karstlandschaft. Unten im Tal führt Axel Schlimper seinen Schäferhund aus. Der Liedermacher gehört zu den völkischen Siedlern von Haselbach in Thüringen und war einer der Köpfe der „Europäischen Aktion“, die Kontakte zu Waffenhändlern in Österreich unterhielt. Auch Aktivisten der völkisch-militanten Kleinstpartei Der Dritte Weg sind nach Questenberg gereist um gemeinsam zu feiern. Holger S., Anhänger der 2009 verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) schaut in warmer Kluftjacke den Berg hinunter, er kommt häufiger her. Während der Questenverein mit dem Kranz wieder hinunter zieht, johlt eine Gruppe volkstümlich gekleiderter Bärtiger oben weiter beim bayerischen Bier. Man singt und tanzt zur Gitarre. Mit dabei ist Wenzel Braunfels, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Religionsphilophie der Universität München. Braunfels ist Autor der rechtsbündischen Zeitschrift „Blaue Narzisse“ und hat dort einen in rechten Kreisen vieldiskutierten Artikel über die Revolution geschrieben. In diesem Jahr hielt er einen Vortrag bei der Ernst und Friedrich Georg Jünger-Gesellschaft. Hier aber unterhält sich Braunfels im Metal-Outfit amüsiert mit einem jungen Kameradschafter im Shirt der „Division Neustadt bei Coburg“ mit Reichsfarben. Auf seinem Facebook-Account „Wenzel Von Hildebrandt“ postet Braunfels wenig später den Questenbaum. Mitglieder der „Jungen Alternative“ vor Ort Bereits am Abend zuvor hatten sich JA-AnhängerInnen aus Sachsen-Anhalt um Florian Ruß gemeinsam mit dem Magdeburger AfD-Lokalpolitiker und JA-Landesvorsitzenden Christian Mertens an der „Queste“ abgelichtet. In einheitlichen Pullovern der „JA“ kletterten sie herum, machten Selfies. Gut drauf sind in den frühen Morgenstunden auch die einschlägigen Gäste in der Schänke „Zur Queste“. Der gewaltbereite Neonazi Sven Liebich aus Halle hat sich in eine wärmende Decke gehüllt, er feiert mit Freunden. Der ehemalige Bremer Kameradschaftsaktivist Andreas Hackmann hat im Auto übernachtet. von der „Schlesischen Jugend“ sitzt im Innenhof unter einem Sonnenschirm. Immer wieder umarmen Thiemo W. sich Männer freundschaftlich. Wirtin und Kellnerin haben alle Hände voll zu tun. W. hat bereits 2008 für „Junges Schlesien“ über die Feierlichkeit berichtet: „Auch im nächsten Jahr wird die Schlesische Jugend wieder beim Questenfest dabei sein, um die Tradition zu wahren, erneut Freunde zu treffen und um das Naturschauspiel in den frühen Morgenstunden zu erleben.“ 2002 gab es eine Wanderung des Nationalen Beobachters Halle zum Questenfest. 2006 fand ein „nationales Pfingstlager“ in der Nähe statt. 2008 gab es im August ein Konzert im per Nutzungserklärung überlassenen Dorfgemeinschaftshaus mit 60 Teilnehmern aus der rechten Szene. 2013 und 2014 beteiligten sich rechtsextreme Identitäre am Questenfest. 2018 besuchte der extrem rechte US-Amerikaner Jack Donovan das Fest im Mai. Im selben Jahr zelebrierte auch die mystisch-okkulte Lyrikergruppe um Uwe Nolte und Baal Müller ein nationalistisches Happening auf der Bergspitze. Keine Abgrenzung nach rechtsaußen Liane Gast hat es 2023 nach eigenen Bekunden nicht geschafft, gegen 4 Uhr nachts an dem Ritual hoch oben teilzunehmen, denn um 6 Uhr hatte sich einer der Heimatvereine der Karstlandschaft Südharz bei ihr zum Frühstück angemeldet. Beim Frühschoppen im Lokal wird deutlich, dass es keine Abgrenzung der Bevölkerung zur rechtsextremen Szene gibt. Da ist der Tierpräparator aus dem Harz und ein Mitglied vom „Bündnis Grundeinkommen“, der in Magdeburg zwei Mini-Kundgebungen zum Thema „Umvolkung stoppen“ abgehalten hat. Da sind die Freunde von Sven Liebich, die den vorbeimarschierenden Traditionsvereinen aus Questenberg kurz nach 6 Uhr vor der Hofeinfahrt des Lokals begeistert zuwinken und da sind die Leute aus dem Ort, die anscheinend sogar mit gewaltbereiten Neonazis keine Probleme haben. Bei ihrem Fest sind alle friedlich und feiern gemeinsam. In der rechtsbündischen Zeitung „Leiermann“, Ausgabe 36, hatte Autor „Mark“ bereits vor Jahren geschrieben, dass „Jens“ ihnen ein Lokal im Ort reserviert habe und „das beste daran ist, wir dürfen alle im Schankraum übernachten. So nimmt der Abend einen sehr geselligen Verlauf bei keltisch inspirierten Speisen und regionalem Bier.“ Einer konnte 2023 wohl nicht dabei sein, Jens Lange, ehemaliger Kandidat der AfD in Sachsen-Anhalt zur Bundestagswahl 2017. „Jens ist gerade Vater geworden, der hat andere Probleme“, erklärt die Wirtin. Lange wohnt mitten im Ort. Als Autor nennt er sich Johann Felix Baldig, schreibt für „Tumult“ oder das „Compact-Magazin“. Zudem betreibt er eine Filmgesellschaft und in einem Schaukasten ist ein Prospekt der „Neuen Hege Harz“ zu sehen. Lange interviewt dafür Gäste wie Andreas Kalbitz vom ehemaligen völkischen Flügel der AfD. 15 Prozent der Stimmen erhielt er 2019 zu seiner Wahl in den Ortschaftsrat Questenberg. Mindestens bis 2021 fungierte Lange laut Medienberichten als Leiter des Wahlkreisbüros von Björn Höcke in Heiligenstadt. Auch Höckes Töchter beteiligten sich 2022 an den Questenfeierlichkeiten. Beide leben unweit im benachbarten Thüringen. Auf den Fotos von „Objektiv Ost“ sind sie gemeinsam mit einem ehemaligen Beisitzer im Landesvorstand der JA Niedersachsen zu sehen, der auch das Schild & Schwert-Festival von Thorsten Heise besucht hatte. Auf den Fotos von 2022 sind auch Wenzel Braunfels und Holger Steinbiss zu sehen. Wer einmal beim harmonischen Questenfest war, scheint immer wieder zu kehren. Questenberg heißt alle willkommen. Author: Andrea Röpke / Eike Pahlen
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Antifaschistin bei Demonstration in Portland ermordet
(23.08.2023)
In der Nacht auf den 20. Februar 2022 eröffnete ein Mann das Feuer auf eine antifaschistische Demonstration in Portland. Dabei wurde eine Frau getötet und fünf weitere Menschen verletzt. (Bild: Screenshot twitter; @alex_zee) Ausgabe: AIB 134Rubrik: International
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Kampagne gegen die Kriminalisierung von Migrant*innen
(06.06.2023)
H. Sabetara wurde in Griechenland zu 18 Jahren Haft verurteilt, weil er ein Auto mit Flüchtenden fuhr. Er ist einer von tausenden Menschen, die aktuell in Italien und Griechenland für ihre Migration kriminalisiert werden. Seine Tochter Mahtab Sabetara spricht hier über die Anklage ihres Vaters in Griechenland, stellvertretend für so viele Betroffene, die keine Stimme haben. (Screenshot: borderline-europe.de) Ausgabe: AIB 138Rubrik: Rassismus
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Der „NSU-Geheimbericht“: Zeugnis eines Desasters
(03.06.2023)
Ende Oktober 2022 wurde der in weiten Teilen geschwärzte "NSU-Geheimbericht" geleakt. Um eines vorweg zu nehmen: Der Geheimbericht liefert keine Aufklärung und keine Antworten auf die relevanten Fragen rund um die rassistische Terrorserie des NSU. Im Kern ist es nur ein weiteres Zeugnis der desaströsen Arbeitsweise in deutschen Geheimdiensten. (Bild: 3ds; CC BY-NC-ND 2.0) Ausgabe: AIB 137Rubrik: Gesellschaft
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Prozesserklärung im Antifa Ost-Verfahren
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Eine gemeinsam formulierten Erklärung der Angeklagten im Antifa Ost-Verfahren konnte nicht verlesen werden. Der Vorsitzende Richter unterbrach den Vortragenden mehrfach und entzog ihm schließlich das Wort. (Foto: Twitter/@abc_dresden) Ausgabe: AIB 138Rubrik: Antifa
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„Paukanten“ am rechten Rand
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Im Juli 2022 veranstaltete die Burschenschaft Saxo-Silesia in Freiburg eine sogenannte „Mensur“. Dabei kämpfte der Saxo-Silese und AfDler Aaron Kimmig gegen Tobias Lipski von der Münchner Burschenschaft Danubia. Anhand der beiden „Paukanten“ lässt ein Communiqué der „Autonomen Antifa Freiburg“ einen Blick auf das Personal der Burschenschaften zu. (Foto: autonome-antifa.org) Ausgabe: AIB 138Rubrik: Braunzone