Die Verbrechen, die von den verschiedenen SS-Einheiten im Nationalsozialismus ausgingen, insbesondere ihre Rolle im Holocaust, bei der Bewachung der Konzentrationslager und ihre Gräueltaten in den eroberten Gebieten sind gut dokumentiert (vgl. z.B. bei Wikipedia) und brauchen hier nicht wiederholt zu werden.
Die Radolfzeller SS-Einheiten sprengten in der Region Synagogen, deportierten Jüdinnen und Juden in Konzentrationslager, waren am 'Anschluß' von Österreich, der Besetzung der Sudetendeutschen Gebiete, der Zerschlagung der Tschechoslowakei und dem Überfall auf Polen beteiligt.
Überliefert sind folgende Verbrechen, für die u.a. Radolfzeller SS-Einheiten bzw. die KZ-Wachmannschaften des Außenlagers verantwortlich sind:
- Im Verlauf der Reichspogromnacht (9./10.11.1938) wurden in Horn, Wangen, Gailingen, Randegg, Singen und Überlingen viele jüdische Männer in die Keller der Rathäuser verschleppt und schwer misshandelt bzw. gefoltert. Ein Pionierzug der III.SS-VT-Standarte aus Radolfzell sprengte und plünderte die Synagogen von Konstanz, Gailingen, Wangen und Randegg. Viele jüdische Männer wurden am darauf folgenden Tag ins KZ Dachau verbracht, wo einige von ihnen ums Leben kamen, andere, die wiederkehrten, waren seelisch und körperlich gebrochen. Beteiligt waren die Allgemeine SS, die SS-Verfügungstruppe aus der Radolfzeller Kaserne, SA-Einheiten sowie die Gestapo. 1 2
- 314 Personen aus 11 Orten im Kreis Konstanz (Überlingen, Waldshut, Konstanz, Bohlingen, Gailingen, Hilzingen, Radolfzell, Randegg, Tiengen, Waldshut, Wangen) wurden am 22.10.1940 in das südfranzösische Internierungslager Gurs deportiert.3 Schon auf der Fahrt starben einige ältere Menschen, die im Rahmen der Wagner-Bürckel-Aktion aus ganz Baden und der Rheinpfalz deportiert wurden. Die meisten anderen starben jedoch entweder in Gurs oder später im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz.4 5 6 7 8
- Am 20. Juli 1944 befahl der damalige SS-Hauptsturmführer Dr. Kurt Groß die Tötung zweier in Öhningen und Wangen gefangen genommener amerikanischer Piloten, die nach dem Luftangriff auf Friedrichshafen mit ihren Fallschirmen abgesprungen waren.9
- 5 Exekutionen von Deserteuren durch Angehörige der Unterführerschule bzw. des SS-Regiments Radolfzell fanden im März und April 1945 statt. 10
- Kurt Groß, zuletzt stellvertretender Kommandeur der Waffen-SS-Unterführerschule Radolfzell und Kommandeur einer nach ihm benannten „Kampfgruppe Groß“ in Kompaniestärke, lieferte sich im Rathaus von Wahlwies eine Schießerei mit Männern des Volkssturms, die sich geweigert hatten, eine Panzersperre vor den anrückenden Franzosen zu schließen. Dabei kamen am 21. April 1945 vier Menschen ums Leben.11 12 13
- Des weiteren erschoss die Kampfgruppe der USR am 23. April 1945 in Stockach fünf Angehörige der französischen Streitkräfte - wahrscheinlich nachdem sie bereits gefangen genommen waren, sowie 16 ausländische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene: drei Franzosen, fünf Italiener, einen Polen und sieben Russen. 14
- Karl Bäder, Bürgermeisterstellvertreter von Singen wurde am 24. April 1945 durch Angehörige der Radolfzeller Waffen-SS ermordet. Für seine Bemühungen, die Stadt Singen den französischen Streitkräften kampflos zu übergehen, wurde er an einen Laternenpfahl in der Nähe der Aluminium Walzwerke Singen aufgehängt.15 16
Einzelnachweise
1
Bloch, Erich: Die Geschichte der Juden von Konstanz im 19. und 20. Jahrhundert. Eine Dokumentation. Stadler 1996. S. 145 - 150
2
Gläser, Dietrich: Die Nacht in der die Fenster klirrten - Die Pogromnacht vom 9./10. November in Konstanz und im Hegau. In: Hegau. Zeitschrift für Geschichte, Volkskunde und Naturgeschichte des Gebietes zwischen Rhein, Donau und Bodensee, Bd. 64, Singen, 2007, S. 185-210
3
Verzeichnis der am 22. Oktober 1940 aus Baden in das Internierunglager Gurs deportierten Juden, hier Bll. 55 ff., Badische Landesbibliothek Karlsruhe.
4
Friesländer-Bloch, Berty: Unsere Deportation. In: Friedrich, Eckhardt (Hrsg.); Schmieder-Friedrich, Dagmar (Hrsg.): Die Gailinger Juden. Materialien zur Geschichte der Jüdischen Gemeinde Gailingen aus ihrer Blütezeit und den Jahren der gewaltsamen Auflösung. Konstanz, 2010, S. 111-121
5
Fidler, Helmut: Es geschah am hellichten Tag, Südkurier 22.10.2010
6
Wiehn, Erhard Roy (Hg.): Camp de Gurs - Zur Deportation der Juden aus Südwestdeutschland 1940. Neuausgabe, Konstanz, 2010.
8
Steinbach, Peter: Das Leiden – zu schwer und zu viel. Zur Bedeutung der Massendeportation südwestdeutscher Juden. In: Tribüne – Zeitschrift zum Verständnis des Judentums. 49. Jg. Heft 195. 3. Quartal 2010, S. 109 – 120
10
Vgl. Köhler, Hans: Die SS-Buben von Radolfzell. Ein Erlebnisbericht, in: Bd. 63. Hegau - Menschen - Schicksale, 2006; ferner: Exner, Georg: Experte berichtet Neues zur SS-Gewalt, Südkurier 03.11.2010
12
Meyer, Fredy: Wahlwies. Ein Dorf und seine Geschichte. Stähle Druck und Verlag. Engen 1990, S. 146)
13
Wiedeking, Elmar: Das Ende - Eine Spurensuche im Hegau, am Bodensee, in Vorarlberg. Selbstverlag des Autors 2013, S. 145ff
14
Rathke, Hartmut: Stockach im Zeitalter der Weltkriege. (Hegau-Bibliothek Bd. 123), Konstanz 2004, S. 282ff)
16
Wiedeking, Elmar: Das Ende. Eine Spurensuche im Hegau, am Bodensee, in Vorarlberg. Selbstverlag, Sipplingen 2013, S. 145f